SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Spekulationen über einen vorzeitigen Rückzug von seinem Posten zurückgewiesen und vor einer Nachfolgedebatte gewarnt.
»Ich bin überhaupt nicht amtsmüde«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der 63-Jährige kritisierte, dass seine Quarantänezeit wegen einer Corona-Infektion »als Auftakt für eine unangemessene Berichterstattung« zu dem Thema genutzt worden sei. »Das hat mich persönlich getroffen, und das sage ich auch sehr deutlich. Manchmal ist der Umgang miteinander und die Instrumentalisierung solcher Dinge unerträglich.«
Auch die Spekulationen über mögliche Nachfolger hält Mützenich für unangebracht. »Ich glaube, dass die Menschen in Deutschland zurzeit andere Sorgen haben und kaum mit irgendwelchen Nachfolgefragen belästigt werden wollen. Und deswegen kann ich nur jedem raten, kein Stichwortgeber dafür zu sein«, sagte er. »So lange ich den Eindruck habe, mein Beitrag für die Fraktion und für diese Regierung ist hilfreich, so lange will ich meine Rolle ausfüllen.«
Miersch als möglicher Nachfolger Mützenichs gehandelt
Mützenich hatte Anfang Juli wegen seiner Corona-Infektion an der letzten Fraktionssitzung vor der Sommerpause nur virtuell teilgenommen. An seiner Stelle trat Matthias Miersch, einer seiner acht Stellvertreter, vor der Sitzung vor die Presse, um zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen. Der 53-jährige Miersch wird schon seit längerer Zeit als möglicher Nachfolger Mützenichs gehandelt.
Der »Spiegel« nahm die Fraktionssitzung zum Anlass für einen Bericht über die Personalspekulationen. Darin werden Abgeordnete - allerdings nur anonym - mit Kritik an der Fraktionsführung zitiert. Es gelte als »offenes Geheimnis« in der SPD, dass Mützenich nicht bis zur nächsten Bundestagswahl 2025 Fraktionschef bleiben wolle, schrieb das Magazin. Im vergangenen September wurde er für zwei Jahre, also bis zum Herbst 2023 gewählt. Mützenich hatte den Fraktionsvorsitz 2019 nach dem Rücktritt von Andreas Nahles übernommen.
Der Fraktionschef wies auch Kritik zurück, die SPD sei als Regierungsfraktion zu ambitionslos und beschränke sich auf die Unterstützung von Kanzler Olaf Scholz. »Wenn ich auf die letzten Monate zurückblicke, sehe ich eine Fraktion, die geschlossen und auch sehr verantwortungsvoll Entscheidungen getroffen hat«, sagte der Fraktionschef. Dies sei ihm von Anfang an sehr wichtig gewesen. Er sei auch »sehr stolz« darauf, dass wichtige Teile der Koalitionsvereinbarung wie zum Beispiel der Mindestlohn und die Abschaffung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche bereits umgesetzt seien.
Die Ideengeber für Gesetzentwürfe kämen insbesondere aus der SPD-Fraktion. »Dass wir da nicht immer sagen: «Hoppla, hier bin ich», das entspricht meinem Naturell, aber das entspricht auch dem Naturell eines Großteils meiner Fraktion«, sagte Mützenich. »Das ist das, was ich versucht habe, als politische Kultur in die Fraktion hineinzutragen.«
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