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Kassenpatienten sollen künftig schneller Termine bekommen

Wenn es Termine beim Arzt erst in mehreren Wochen gibt, ärgert das gesetzlich Versicherte - vor allem, wenn Privatpatienten fixer dran kommen. Gegensteuern soll ein Gesetz, das noch einiges mehr vorsieht.

Arztpraxis
Das neue Gesetz soll die Versorgung laut Gesundheitsminister Spahn »schneller, besser und digitaler« machen. Foto: Sina Schuldt
Das neue Gesetz soll die Versorgung laut Gesundheitsminister Spahn »schneller, besser und digitaler« machen. Foto: Sina Schuldt

BERLIN. Mehr Sprechstunden und neue Vermittlungsangebote: Für Kassenpatienten in Deutschland soll es leichter werden, schneller an Arzttermine zu kommen.

Darauf zielt ein Gesetz der großen Koalition, das der Bundestag gegen die Stimmen der Opposition beschlossen hat. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, die Regelungen sollten den Alltag für Millionen Menschen verbessern. Vorgesehen sind mehr Geld für Ärzte, aber auch für Physiotherapeuten und Logopäden. Zuschüsse für Zahnersatz sollen erhöht werden. Bis 2021 sollen alle Krankenkassen digitale Patientenakten anbieten.

Spahn sagte, wochenlange Wartezeiten für gesetzlich Versicherte seien ein Aufregerthema, auch weil es bei Privatpatienten häufig schneller gehe. Das Gesetz solle die Versorgung daher »schneller, besser und digitaler« machen. Für Ärzte, die zusätzliche Patienten aufnehmen, solle gelten: »Wer mehr behandelt, soll auch entsprechend besser vergütet werden.« SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sprach von einem Schritt nach vorn zum Abbau der Zwei-Klassen-Medizin in Richtung einer Bürgerversicherung. Es sei unwürdig für ein reiches Land wie Deutschland, wenn Patienten monatelang auf Termine warten müssten.

Das Gesetz sieht vor, dass Praxisärzte künftig mindestens 25 statt 20 Stunden in der Woche für gesetzlich Versicherte anbieten müssen. Bei Augenärzten, Frauenärzten und Hals-Nasen-Ohren-Ärzten muss es mindestens fünf Stunden als offene Sprechstunde ohne feste Termine geben. Die telefonische Vermittlung über Terminservicestellen, die in den Ländern bisher unterschiedlich arbeiten, soll stark ausgebaut werden. Ab Anfang 2020 sollen sie nicht nur zu Fachärzten vermitteln, sondern auch zu Haus- und Kinderärzten. Zudem sollen sie bundesweit unter der Telefonnummer 116117 täglich rund um die Uhr erreichbar sein - und auch online oder über eine App für Smartphones.

Für die gesetzlichen Krankenkassen bedeuten die Pläne jährliche Mehrausgaben in Milliardenhöhe. So sollen Ärzte als Anreiz zusätzlich Geld bekommen: fürs Vermitteln dringender Termine bei Fachärzten, für neue Patienten in der Praxis und Leistungen in offenen Sprechstunden. Wenn sie auf dem Land arbeiten, bekommen Ärzte Zuschläge garantiert. Insgesamt dürften für Arzt-Vergütungen bis zu 800 Millionen Euro mehr anfallen, für eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen von Heilberuflern wie Physiotherapeuten weitere 600 Millionen Euro.

Von der Opposition kam Kritik. Der AfD-Abgeordnete Axel Gehrke warnte mit Blick auf höhere Vergütungen für bestimmte neue Patienten vor einer »Drei-Klassen-Medizin«. Achim Kessler (Linke) protestierte gegen eine »Klientelpolitik für die Ärzte«. Das zentrale Problem des Nebeneinanders von privater und gesetzlicher Versicherung werde nicht angegangen. Die FDP-Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus warf der Koalition eine Diffamierung von Ärzten vor, die im Schnitt mehr als 50 Stunden in der Woche arbeiteten. Maria Klein-Schmeink (Grüne) bemängelte, es werde sehr viel Geld mit der Gießkanne verteilt, das für die Lösung anderer wichtiger Probleme benötigt würde.

Das Gesetz sieht auch Ausweitungen der Versorgung vor. Festzuschüsse der Kassen für Zahnersatz sollen zum 1. Oktober 2020 von bisher 50 auf 60 Prozent steigen. Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko sollen sich auf Kassenkosten per Medikament vor einer Ansteckung schützen können - indem die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erstattet wird. Junge Erwachsene sollen es bezahlt bekommen, wenn sie Ei- und Samenzellen konservieren lassen, um nach einer Krebsbehandlung Kinder bekommen zu können. In der Pflege sollen ab 1. Mai 2019 reine Betreuungsdienste zugelassen werden, die etwa beim Putzen oder Einkaufen helfen.

In Kraft treten soll das Gesetz voraussichtlich im Mai, im Bundesrat ist es nicht zustimmungspflichtig. (dpa)

Gesundheitsministerium zu Kernpunkten des Gesetzes