Nach ihrer Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien ist eine 22-jährige Frau zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden.
Sie verlasse damit etwa ein halbes Jahr nach Prozessbeginn das Justizzentrum in Halle auf »freiem Fuß«, sagte ein Sprecher des Oberlandesgerichts (OLG) in Naumburg am Mittwoch. Die Öffentlichkeit war seit dem ersten Prozesstag vom der Verhandlung ausgeschlossen, da die Angeklagte zum Tatzeitpunkt minderjährig war und der Schutz der Persönlichkeit nach Ansicht des Gerichtes besonders gewahrt werden musste.
Das Gericht sah laut Urteilsbegründung die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung sowie einen Verstoß gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz als erwiesen an. Vom Vorwurf der Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit sprach das Gericht die Angeklagte hingegen frei.
Hochzeit mit einem IS-Kämpfer
2015 habe sich die damals 15-jährige Angeklagte dem IS angeschlossen und einen seiner Kämpfer geheiratet, sagte der Gerichtssprecher. Sie habe sich mit den Zielen der Terrormiliz identifiziert und »nach ihren Kräften« zu deren Förderung beigetragen. So sei die Jugendliche unter anderem in einem Krankenhaus der Organisation beschäftigt gewesen. Außerdem besaß sie den Angaben zufolge eine Schusswaffe und hatte vorübergehend »Gewalt über eine Kalaschnikow« - eine Waffe, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt.
Ausreichend Anhaltspunkte für die ihr vorgeworfenen Beihilfe beim Halten einer jesidischen Sklavin sah das Gericht indes nicht. Der Kontakt zu der von ihrem Ehemann gehaltenen Sklavin sei lediglich »punktuell« gewesen, erklärte der Sprecher die Entscheidung des Gerichts.
Richter: Hohe Bereitschaft zur Auseinandersetzung
Positiv bewerteten die Richter bei der Strafzumessung eine »weitgehend geständige Einlassung der Angeklagten, fehlende Vorstrafen und eine hohe Bereitschaft, sich mit dem Tatgeschehen auseinander zu setzen«. Die junge Frau habe einen starken Willen zur Resozialisierung gezeigt, führte der Sprecher weiter aus. Sie engagiere sich »in ganz erheblichem Maße« für die Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben. Dazu gehöre die elterliche Fürsorge für ihre Kinder und ihre Bemühungen in einer Ausbildung.
Eine ARD-Dokumentation hatte die Bemühungen des Vaters um Rückführung seiner Tochter vor Jahren begleitet und von dem damaligen Mädchen das Bild eines recht naiven, aber keineswegs bösartigen Charakters gezeichnet. Diese fehlenden »schädlichen Neigungen« bestätigte auch das Gericht der nunmehr 22-Jährigen, die den Urteilsspruch ohne den Beistand ihrer Familie im Gerichtssaal äußerlich gelassen zur Kenntnis nahm.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagte und die Anklageseite können binnen einer Woche Revision dagegen einlegen.
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