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Iran sorgt mit neuer Hinrichtung für Entsetzen

Mit der Exekution eines früheren Spitzenpolitikers im Iran wird Kritik internationaler Staaten laut. London ist entsetzt und verhängt Sanktionen gegen den iranischen Generalstaatsanwalt.

Aliresa Akbari
Hingerichtet: Aliresa Akbari, iranischer Verteidigungsminister zwischen 1997-2002. Foto: Davoud Hosseini
Hingerichtet: Aliresa Akbari, iranischer Verteidigungsminister zwischen 1997-2002.
Foto: Davoud Hosseini

Die Hinrichtung des britisch-iranischen Ex-Spitzenpolitikers Aliresa Akbari wegen Spionagevorwürfen im Iran ist international verurteilt worden. Neben Großbritannien übten auch Deutschland und Frankreich scharfe Kritik an der Vollstreckung des Todesurteils. Der iranische Botschafter in Deutschland wurde für Montagfrüh ins Auswärtige Amt einbestellt, wie es am Samstag aus Diplomatenkreisen hieß. Akbari wurde nach Angaben des Justizportals Misan am Samstag getötet. Er war in einem Spionageprozess wegen Geheimnisverrats zum Tode verurteilt worden. Akbari und seine Angehörigen hatten die Vorwürfe zurückgewiesen.

Akbari wurde laut Medienberichten 2019 festgenommen. Er war zwischen 1997 und 2002 Vizeverteidigungsminister im Iran. Minister war damals Ali Schamchani, der inzwischen Sekretär des Sicherheitsrats ist, des wichtigsten Entscheidungsgremiums des Landes. Zwischen 2014 und 2015 hatte Akbari als militärischer Berater die Iran-Delegation zu den Atomverhandlungen in Wien begleitet. Nach Darstellung der iranischen Sicherheitsbehörden soll er in beiden Funktionen geheime Informationen an den britischen Geheimdienst weitergegeben haben.

Nach Einschätzung von Beobachtern geht es in dem Fall um einen internen Machtkampf. Das eigentliche Ziel der Hardliner um Präsident Ebrahim Raisi sei eine Diskreditierung Schamchanis, heißt es. Dieser soll sich kritisch über die Polizeigewalt gegen die Demonstranten geäußert und sich um Vermittlung bemüht haben.

Mindestens 522 Menschen Tote bei Protesten

Seither gibt es immer wieder Proteste gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische Herrschaftssystem. Nach Recherchen von Menschenrechtlern wurden dabei mindestens 522 Menschen getötet. Unter den Toten seien auch 70 Minderjährige und 68 Polizei- und Sicherheitskräfte, berichtete die Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) mit Sitz in den USA.

Fast 20.000 Menschen seien zudem festgenommen worden, 110 von ihnen mit Anklagen, die laut islamischen Gesetzen zu einem Todesurteil führen könnten. Der Iran selbst hat bislang keine Angaben zu den Toten und Festnahmen gemacht und die HRANA Berichte bislang weder bestätigt noch dementiert.

Über die Hinrichtung des Ex-Spitzenpolitikers Akbaris äußerte sich Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak »entsetzt«. »Das war eine grausame und feige Tat eines barbarischen Regimes, das keinen Respekt für die Menschenrechte seines eigenen Volkes hat«, schrieb Sunak auf Twitter.

Unklar ist, wie Akbari als Vizeverteidigungsminister und militärischer Berater im Sicherheitsrat überhaupt die britische Staatsangehörigkeit erhalten konnte. Im Iran dürfen Doppelstaatler keine politischen Spitzenämter übernehmen.

Sanktionen gegen den iranischen Generalstaatsanwalt

London verhängte als Reaktion auf die Hinrichtung Sanktionen gegen den iranischen Generalstaatsanwalt Mohammed-Dschafar Montaseri. Dieser stehe im Zentrum der Anwendung der Todesstrafe durch den Iran, schrieb der britische Außenminister James Cleverly in einer Mitteilung auf Twitter. Das Außenministerium in Teheran bestellte seinerseits den britischen Botschafter ein und warf der Regierung in London Einmischung vor. Später teilte Cleverly mit, der britische Botschafter werde für Konsultationen zeitweise abberufen.

Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte die Hinrichtung Akbaris als einen weiteren unmenschlichen Akt der iranischen Führung. »Wir stehen an der Seite unserer britischen Freund*innen und werden unser Vorgehen gegenüber dem Regime und unsere Unterstützung für Irans Menschen weiter eng miteinander abstimmen«, schrieb die Grünen-Politikerin auf Twitter. Aus dem niederländischen Außenministerium hieß es, man werde mit den anderen EU-Ländern an weiteren Maßnahmen gegen die Verantwortlichen arbeiten.

Auch die EU äußerte scharfe Kritik an der Hinrichtung. »Die Hinrichtung eines europäischen Bürgers ist ein entsetzlicher Präzedenzfall«, sagte EU-Chefdiplomat Josep Borrell im Namen der Europäischen Union. Die Todesstrafe verstoße gegen die Menschenrechte und stelle die unmenschlichste und erniedrigendste Strafe dar.

Das Außenministerium in Paris teilte mit, der iranische Botschafter sei am Samstagmorgen einbestellt worden, um ihm die französische Empörung über die Hinrichtung zum Ausdruck zu bringen. Die wiederholten Verstöße des Iran gegen das Völkerrecht dürften nicht unbeantwortet bleiben, insbesondere was die Behandlung ausländischer Staatsangehöriger betreffe, die das Land willkürlich festhalte.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Großbritannien kritisierte, die iranische Führung habe »erbärmlich wenig Respekt« vor dem Recht auf Leben. Die Hinrichtung Akbaris sei besonders furchtbar, weil er Berichten zufolge zuvor Folter und andere Menschenrechtsverletzungen wie lange Einzelhaft und erzwungene Geständnisse habe erdulden müssen.

© dpa-infocom, dpa:230115-99-225584/3