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Heusgen zu Waffen für Ukraine: Nicht voreilig ausschließen

Die Bundesregierung riskiert nach Ansicht des Chefs der Münchner Sicherheitskonferenz in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine ihre Glaubwürdigkeit. Die Lieferung von Kampfjets hält er für legitim.

Christoph Heusgen
Christoph Heusgen ist Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Foto: Jörg Carstensen
Christoph Heusgen ist Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz.
Foto: Jörg Carstensen

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat die Bundesregierung vor voreiliger Ablehnung von Waffenforderungen der Ukraine gewarnt.

»Wir schließen ständig etwas aus, das wir dann am Ende doch bereit sind zu tun. Das macht uns unglaubwürdig. Dieses Vorpreschen beim Nein-Sagen sollte endlich aufhören, es ist schädlich«, sagte Heusgen den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Man müsse die Sicht ändern und bewerten, was völkerrechtlich, politisch und militärisch möglich und sinnvoll ist.

Mit Blick auf die Debatte über die mögliche Lieferung von Kampfjets an die von Russland angegriffene Ukraine sagte Heusgen: »Was Flugzeuge anbelangt, so ist ihre Lieferung nach der UNO-Charta Artikel 51 legitim.« Man werde dadurch nicht zur Kriegspartei. »Hätten wir noch aus DDR-Zeiten russische Flugzeuge, die von ukrainischen Piloten bedient werden können, würde ich sagen: natürlich stellen wir die der Ukraine zur Verfügung.« Jetzt gehe es aber um amerikanische F-16-Jets, über die Deutschland gar nicht verfüge.

Kritiker fürchten Eskalation nach möglicher Kampfjet-Lieferung

Die Bundesregierung lehnt die Lieferung von Kampfjets an Kiew bislang ab. Auch US-Präsident Joe Biden schloss eine Weitergabe von F-16-Jets aus. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erteilte hingegen keine kategorische Absage, sagte aber, die Waffen dürften nicht eskalierend wirken und keinen russischen Boden berühren, sondern lediglich zur Abwehr benutzt werden.

Kritiker möglicher Kampfflugzeug-Lieferungen argumentieren, die Ukraine könne mit solchen Jets Ziele auf russischem Staatsgebiet angreifen und die Situation damit eskalieren. Dazu sagte Sicherheitskonferenz-Chef Heusgen: »Wenn die Ukrainer mit Waffen gegen militärische Einrichtungen in Russland vorgehen würden, wäre dies völkerrechtskonform.« Er bezweifle allerdings, dass die Ukrainer so etwas überhaupt versuchen würden. Sie wüssten »um unsere Empfindlichkeiten« und um die schlagkräftige russische Flugabwehr.

»Grundsätzlich: Wir hören immer wieder, dass die Ukraine nicht provozieren dürfe. Aber wer provoziert denn hier? Russland ist über das Land hergefallen, hat sämtliche Normen des Völkerrechts gebrochen, begeht täglich Kriegsverbrechen. 15 Millionen Ukrainer mussten ihre Heimat verlassen. Wir unterstützen nur die Ukrainer bei ihrem Recht auf Selbstverteidigung«, sagte Heusgen.

© dpa-infocom, dpa:230201-99-430725/3