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Hautfarbe und Alter: Stärkere DNA-Auswertung geplant

Blond oder rothaarig, heller oder dunkler Teint, graue Augen oder blaue, alt oder jung: All das interessiert die Polizei bei der Suche nach einem Täter. Und künftig sollen die Fahnder solche Merkmale auch mit Hilfe von DNA-Analysen ermitteln dürfen.

DNA-Probe
Menschliche Zellen für eine DNA-Probe werden im Labor des Bayerischen Landeskriminalamtes in ein Reaktionsgefäß überführt. Foto: Sven Hoppe
Menschliche Zellen für eine DNA-Probe werden im Labor des Bayerischen Landeskriminalamtes in ein Reaktionsgefäß überführt. Foto: Sven Hoppe

BERLIN. Bei der Auswertung von DNA-Spuren möglicher Täter soll die Polizei deutlich mehr Möglichkeiten bekommen. Nach einem Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium sollen die Fahnder künftig auch das Alter und die Farbe von Haut, Augen und Haar ermitteln dürfen.

Das sieht ein Entwurf zur Reform der Strafprozessordnung vor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die Funke-Mediengruppe darüber berichtet. Derzeit darf bei unbekannten Tätern nur das Geschlecht ermittelt werden. Ein DNA-Abgleich von Spuren am Tatort mit bekannten Spuren ist heute schon erlaubt.

CDU, CSU und SPD hatten die Neuregelung im Koalitionsvertrag vereinbart. Der Vorschlag des Justizministeriums wird nun unter den Ressorts beraten, danach fasst das Kabinett einen Beschluss. Über diesen berät dann der Bundestag.

Der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Sebastian Fiedler, fände die neuen Möglichkeiten jedenfalls »extrem hilfreich«. »Das ist in vielen Fahndungslagen von hoher Relevanz. So kann man viele mutmaßliche Täter schon frühzeitig mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von der Fahndung ausschließen«, sagt er.

Genau das findet der Kriminologe Tobias Singelnstein von der Ruhr-Universität Bochum bedenklich - auch wenn er nicht bestreitet, dass die Neuerungen im Einzelfall hilfreich sein könnten. »Man muss sich fragen, ob die Vorteile den Preis wert sind. Es gibt zum Beispiel die Gefahr, dass Ermittler die Aussagekraft der DNA-Ergebnisse überbewerten«, erklärt er. »Diese spiegeln ja nur Wahrscheinlichkeiten wider. Das könnte dazu führen, dass andere Ermittlungsansätze zu frühzeitig ausgeschlossen werden.«

Aus Sicht von Fiedler kein professioneller Einwand. »Man arbeitet bei der Aufklärung von Verbrechen immer mit Hypothesen, das ist auch jedem Kriminalbeamten bewusst«, meint er. »Bei herausragenden Kriminalfällen setzen wir zum Beispiel Profiler ein, die Hinweise auf die Täterpersönlichkeit geben können. Das hilft uns auch bei der Fahndung, obwohl es sich nicht um harte Fakten handelt.«

Das Justizministerium selbst schreibt in seiner Begründung, äußerlich sichtbare Körpermerkmale ließen sich »mit hinreichender Vorhersagegenauigkeit« bestimmen. Beim biologischen Alter liege die Genauigkeit bei drei bis fünf Jahren nach oben und unten, im Einzelfall bei bis zu zehn Jahren - das sei aber auch bei Augenzeugen der Fall, die das Alter einer Person einschätzten.

Dass die geplanten Erweiterungen bei der Gen-Analyse einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen, räumt auch das Justizministerium in seinen Ausführungen zur Reform ein. Dieser sei aber verhältnismäßig. »Die Bestimmung äußerer Merkmale entspricht von der Eingriffstiefe der Verwertung einer Fotografie oder einer Videoaufzeichnung, welche zur Aufklärung von Straftaten ebenfalls herangezogen werden darf. Und auch ganz ohne technische Hilfsmittel können Zeugen das Äußere des Beschuldigten beschreiben.«

Der Vorsitzende des Richterbunds, Jens Gnisa, argumentiert ähnlich. »Man nimmt eben die Merkmale auf, die man auch aus einem Foto entnehmen kann«, erklärt er im Radioprogramm von SWR Aktuell. Den Einwand einer möglichen Diskriminierung lässt Gnisa nicht gelten. »Deutschland hat seit Jahrzehnten viele Einwanderer. In unserer heutigen Zeit kann man aus der Hautfarbe nicht mehr darauf schließen, welche Staatsangehörigkeit eine Person hat oder wo sie geboren worden ist.«

Eine solche umfassendere DNA-Auswertung sei nicht gegen eine bestimmte Personengruppe gerichtet und deshalb nicht diskriminierend, argumentiert das Ministerium. Falls genetische Spuren allerdings auf Angehörige einer Minderheit hindeuteten, dann dürfte das »nicht zu einem Missbrauch dieses Umstandes im Sinne rassistischer Stimmungsmache oder Hetze« führen. Das sei bei der Auswertung von Zeugenaussagen oder Videoaufzeichnungen aber auch nicht anders.

Die »biogeografische Herkunft« - also die ethnische Gruppe - soll auch weiterhin nicht ermittelt werden. Diese stellt im Gegensatz zu Haut- oder Augenfarbe auch kein klar äußerlich erkennbares Merkmal dar. Kriminologe Singelnstein bleibt trotzdem skeptisch: »Man kann aus naturwissenschaftlicher Sicht sehr vieles ermitteln. Wie weit will man gehen? Bleibt das hier die letzte Neuerung? Ich glaube nicht, dass wir hier stehen bleiben werden.« (dpa)