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Haseloff: Kohlemilliarden sollen in Jobs fließen

Monatelang forderte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident hohe Milliardensummen, um den Kohleausstieg in den betroffenen Regionen glimpflich zu gestalten. Jetzt warnt er vor einem falschen Schwerpunkt - und sieht den ganzen Ausstiegskompromiss in Gefahr.

Protest in Mühlrose
Protest in Mühlrose in der Lausitz: »Begrabt Ihr die Kohle, begrabt Ihr unser Dorf«. Foto: Oliver Killig/ZB/dpa
Protest in Mühlrose in der Lausitz: »Begrabt Ihr die Kohle, begrabt Ihr unser Dorf«. Foto: Oliver Killig/ZB/dpa

Magdeburg/Berlin (dpa) - Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff dringt beim Kohleausstieg darauf, nicht zu hohe Summen für die Entschädigung von Kraftwerksbetreibern auszugeben.

»Wir brauchen das Geld für neue Arbeitsplätze«, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Zudem seien Investitionen in Zukunftsfelder wie Wasserstofftechnologie, Elektromobilität und Künstliche Intelligenz nötig. »Mit diesen Geldern stattdessen jetzt größtenteils die Abfindungen für die Energiekonzerne zu bezahlen, die ihre Kraftwerke früher abschalten, dafür ist das Geld zu schade.«

An diesem Dienstag verhandelt die Bundesregierung mit Betreibern von Kraftwerken über Entschädigungen für das vorzeitige Abschalten von Standorten. Dabei sind Milliardensummen im Gespräch. Am Mittwoch werden die Ministerpräsidenten der Kohle-Bundesländer zu einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt erwartet.

Deutschland will bis 2038 schrittweise aus der klimaschädlichen Verstromung von Kohle aussteigen. So hatte es eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission aus Wirtschaftsvertretern, Gewerkschaftern und Umweltschützern vor fast einem Jahr beschlossen. Eigentlich wäre erst in den späten 40er Jahren Schluss gewesen.

Haseloff saß zusammen mit den Ministerpräsidenten anderer Kohleländer mit am Verhandlungstisch. In der monatelangen Suche nach einem Kompromiss hatte er immer wieder hohe Milliardenhilfen gefordert, um die Folgen für die vom Kohle-Aus betroffenen Regionen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen abzufedern.

Letztlich schlug die Kommission vor, 40 Milliarden Euro für neue Infrastruktur, Technologieförderung und Wirtschaftsansiedlungen einzuplanen. Die Bundesregierung hatte zugesagt, das Konzept der Kohlekommission umzusetzen.

Nicht nur bei der Verwendung der Mittel fürchtet Haseloff jetzt eine Abweichung von dieser Zusage. Die Kommission gab als Fahrplan vor, erst die älteren Steinkohlekraftwerke und zuletzt die neueren Braunkohlekraftwerke vom Netz zu nehmen. Für das Mitteldeutsche Revier im Süden Sachsen-Anhalts sowie im Raum Leipzig bedeutet das, dass die beiden Kraftwerke der Region mit als letzte vom Netz gehen.

»Das größte Problem ist, dass der Konzern Uniper an drei Stellen versucht, seine eigenen Interessen durchzudrücken und damit den Kohlekompromiss zu durchlöchern«, sagte Haseloff. Dabei gehe es um das bisher nicht angeschlossene Datteln 4 im Kohle-Land Nordrhein-Westfalen. Das Steinkohlekraftwerk soll neu ans Netz gehen.

Im Gegenzug bot Uniper als Mehrheitseigentümer an, das Kraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt schon 2026 statt 2038 vom Netz zu nehmen und sich dafür entschädigen zu lassen. »Im Anschluss muss es ja eine alternative Energieerzeugung geben, da ist derzeit ein Gaskraftwerk im Gespräch, das sich wiederum aber auch nur mit Subventionen aufbauen und betreiben lässt«, sagte Haseloff.

Das gesamte Paket würde den Steuerzahler also viel Geld kosten und den Wegfall der Kohle als wichtigen Arbeitgeber und Energieversorger in Mitteldeutschland beschleunigen. Die Braunkohle liefere gerade hier mehr als nur Strom, so Haseloff. Er verwies darauf, dass das das Chemiedreieck von den Braunkohlekraftwerken mit Prozessgas und Wärme ebenso versorgt werde wie Kommunen wie Leipzig, Chemnitz, Leuna und Merseburg mit Energie. »Wenn sich durchsetzt, was sich zuletzt angedeutet hat, dann ist das die Aufkündigung des Kohlekompromisses. Sachsen-Anhalt könnte das dann nicht mehr mittragen.«