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Harsche Kritik wegen Streichungsplan bei Sprach-Kitas

»Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist« - unter diesem Titel finanziert der Bund seit sechs Jahren zusätzliches Personal für Sprachförderung an Kitas. Nun will er sich aus der Finanzierung zurückziehen. Das stößt auf Kritik.

Kita
Bundesweit ist etwa jede achte Kindertagesstätte eine Sprach-Kita. Foto: Daniel Reinhardt
Bundesweit ist etwa jede achte Kindertagesstätte eine Sprach-Kita.
Foto: Daniel Reinhardt

Bundesländer und Bildungsgewerkschaften haben mit scharfer Kritik auf Pläne der Bundesregierung reagiert, ein bundesweites Förderprogramm zur Sprachentwicklung an Kitas auslaufen zu lassen.

In einer veröffentlichten gemeinsamen Erklärung appellierten die Jugend- und Familienminister der Länder an die Regierung, die Entscheidung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der vielen Geflüchteten aus der Ukraine zu revidieren. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warf der Ampel einen Bruch des Koalitionsvertrages vor. Das Bundesfamilienministerium wies die Kritik zurück.

Das Bundesfamilienministerium hatte in der vergangenen Woche ein Schreiben an die Länder geschickt und darin eine Einstellung der Bundesfinanzierung zum Jahresende angekündigt. Das Programm sei von Anfang an als befristetes Modellprojekt gedacht gewesen, sagte eine Ministeriumssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Förderprogramme des Bundes seien immer befristet. Die Zuständigkeit für Kitas liege bei den Ländern. »Es ist wichtig, dass alle Länder die Bedeutung der sprachlichen Bildung in den Kitas erkennen, sie in ihren Landesgesetzen verankern und eigene Landesprogramme auflegen.«

»Unverständlich und fahrlässig«

Die Bundesländer fordern in ihrem Schreiben, das "Sprach-Kita"-Projekt als dauerhaftes Bundesprogramm fortzuführen. "In der derzeitigen Situation muss die Sprachförderung von Kindern ein zentrales Anliegen auch der Bundespolitik sein." Hier den Rotstift anzusetzen, sei auch für die Beschäftigten in den Kitas eine Entwertung ihrer bisher geleisteten Arbeit. Der Schritt verschärfe zudem die ohnehin angespannte Personalsituation in Kindertageseinrichtungen, er sei »Unverständlich und fahrlässig«.

Die GEW und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) schlossen sich der Länderkritik an. »Auf Sonntagsreden heben die Politikerinnen und Politiker die Bedeutung der frühkindlichen Bildung hervor. Am nächsten Tag stellen sie keine Gelder mehr für hochwertige Förderprogramme bereit. Die Fachkräfte schütteln darüber frustriert den Kopf«, sagte GEW-Vorstandsmitglied Doreen Siebernik.

Sie warf der Bundesregierung einen Bruch des Koalitionsvertrages vor. In dem Papier hatten die Ampel-Parteien festgehalten, dass das Programm »Sprach-Kitas« weiterentwickelt und verstetigt werden soll.

Der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann nannte das geplante Aus der Finanzierung »unverantwortlich«, insbesondere in Zeiten, in denen Kitas durch die Integration von geflüchteten Kindern aus der Ukraine vor enormen zusätzlichen Herausforderungen stünden.

Ministerium verweist auf das Gute-Kita-Gesetz

Das Ministerium reagierte auf die Kritik auch mit Verweis auf das sogenannte Gute-Kita-Gesetz, das eigentlich nur bis Ende dieses Jahres laufen sollte. Über das Gesetz würden auch in den kommenden beiden Jahren jeweils bis zu zwei Milliarden Euro bereitgestellt.

Das Geld können die Länder zum Beispiel in mehr Erzieherstellen, eine bessere Bezahlung des Personals, längere Öffnungszeiten oder auch in die Neugestaltung von Räumen und Spielflächen investieren. Der Ministeriumssprecherin zufolge können die Mittel aber auch für die Fortführung des Sprach-Kita-Programmes genutzt werden. »Es liegt an den Ländern, welche Priorität sie im Bereich der frühkindlichen Bildung setzen und ob sie die Sprachförderung streichen oder nicht.«

Das Gute-Kita-Gesetz, wie es die einstige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) getauft hatte, soll nach den Plänen der Ampel-Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode zu einem »Qualitätsentwicklungsgesetz« weiterentwickelt werden. Die Sprachförderung soll dort nach Ministeriumsangaben ein zentrales Handlungsfeld sein.

© dpa-infocom, dpa:220714-99-19040/3