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»Green Deal« für ein klimaneutrales Europa

Die neue EU-Kommission plant ein Riesenprogramm mit neuen Gesetzen und Initiativen für ein klimafreundliches Europa - allerdings kommen Details erst 2020 und 2021. Kritikern ist das nicht konkret genug. Oder eben schon viel zu konkret und ambitioniert.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen spricht in Brüssel. Foto: Zheng Huansong/XinHua/dpa
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen spricht in Brüssel. Foto: Zheng Huansong/XinHua/dpa

BRÜSSEL. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen präsentiert heute ihren Plan für ein »klimaneutrales« Europa bis 2050, den sogenannten Green Deal.

Sie plant ein umfassendes Gesetzgebungsprogramm, um Energieversorgung, Industrieproduktion, Verkehr und Landwirtschaft binnen 30 Jahren klimafreundlich umzubauen. Gedacht ist die Ankündigung als Signal an die laufende UN-Klimakonferenz in Madrid und an den EU-Gipfel am Donnerstag, der das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ebenfalls auf der Agenda hat.

EU-Ratschef Charles Michel forderte alle Mitgliedsstaaten auf, es mitzutragen. »Das wäre ein wichtiges Signal von uns im Europäischen Rat, dass die EU eine globale Führungsrolle bei diesem ungeheuer wichtigen Thema übernehmen will«, schrieb Michel in seinem Einladungsschreiben an die Staats- und Regierungschefs. Allerdings stellen sich Polen, Ungarn und Tschechien bisher noch quer.

Klimaneutralität bedeutet, dass ab 2050 keine neuen Treibhausgase aus Europa in die Atmosphäre gelangen, um die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Dafür muss der größte Teil der Klimagase, die zum Beispiel bei Verbrennung von Kohle, Öl oder Gas und in der Landwirtschaft entstehen, vermieden und der Rest gespeichert werden. Zum »Green Deal« gehört ein Zwischenziel für 2030: Bis dahin sollen die Emissionen um 50 bis 55 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen. Bisher hat sich die EU ein Minus von 40 Prozent vorgenommen.

Grüne und Umweltschützer kritisieren vor allem, dass dieses neue Etappenziel erst im Herbst nächsten Jahres festgezurrt werden soll und dass der »Green Deal« zunächst nur die Ankündigung einer Vielzahl von Gesetzen und Programmen in den Jahren 2020 und 2021 ist.

»Es ist richtig, Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Form eines Green Deal nach vorne zu stellen«, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). »Es darf aber nicht bei wohlklingenden Überschriften bleiben.« Baerbock forderte insbesondere einen Kurswechsel in der Agrarpolitik. »Wenn der Green Deal ernst gemeint ist, muss die Gemeinsame Agrarpolitik umfassend reformiert werden«, sagte sie dem RND.

Dem Bundesverband der Deutschen Industrie gehen von der Leyens Pläne hingegen zu weit. Die ständige Verschärfung der Klimaziele führe zu einer Verunsicherung der Konsumenten und Unternehmen, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf der Deutschen Presse-Agentur. Das sei »Gift für langlebige Investitionen«. Man bewege sich immer mehr in »Grenzbereiche der technischen, wirtschaftlichen und sozialen Machbarkeit.«

Der »Green Deal« soll am Vormittag von der EU-Kommission gebilligt werden. Am Nachmittag (ab 14.00 Uhr) stellt von der Leyen den Plan in einer Sondersitzung des Europaparlaments vor. Am Donnerstag beraten Staats- und Regierungschefs dann beim EU-Gipfel, ob sie das Ziel der Klimaneutralität 2050 offiziell annehmen. Noch gibt es Widerstände der EU-Staaten Polen, Ungarn und Tschechien, die stark auf Kohle angewiesen sind. Sie fordern Unterstützung bei den hohen Kosten für den Umbau der Energieversorgung.

Helfen soll dabei ein »Fonds für den gerechten Wandel«, mit dem von der Leyen 100 Milliarden Euro für besonders betroffene Regionen mobilisieren will. Die Gesamtkosten für den »Green Deal« sind noch viel höher: Von der Leyen setzt auf Investitionen in Höhe von einer Billion Euro.