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Grüne fordern Aufklärung von Schwesigs Rolle bei Nord Stream

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig hat eigene Fehler im Umgang mit Russland eingeräumt. Doch werden Forderungen lauter, dass sie ihre Kontakte zu Nord Stream 2 vollständig offenlegt.

Manuela Schwesig
Manuela Schwesig bei einem Besuch der Gas-Anlandestation von Nord Stream 2. Foto: Jens Büttner
Manuela Schwesig bei einem Besuch der Gas-Anlandestation von Nord Stream 2.
Foto: Jens Büttner

In der Debatte um die Rolle von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig beim Bau der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 wächst der öffentliche Druck auf die SPD-Politikerin.

Spitzenpolitiker der Grünen untermauerten am Dienstag Forderungen nach einer konsequenten Aufklärung und Offenlegung aller Kontakte zwischen der Regierung in Schwerin und der Gazprom-Tochter Nord Stream 2.

Seit ihrem Amtsantritt als Regierungschefin 2017 hatte Schwesig zu den vehementesten Verfechtern der Gasleitung gehört. Um die Fertigstellung trotz Sanktionsdrohungen der USA gegen beteiligte Firmen zu ermöglichen, hatte die von ihr geführte Regierung Anfang 2021 eine Stiftung auf den Weg gebracht. Diese sollte Klima-Projekte fördern, hatte aber zugleich einen von Nord Stream geführten wirtschaftlichen Teil, der mit dafür sorgte, dass die Pipeline im Herbst 2021 fertig wurde. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stoppte die Bundesregierung aber das Verfahren zur Inbetriebnahme.

»Die Verwebung zwischen der Schweriner Landesregierung und dem russischen Staatskonzern Gazprom war stets verheerend und muss nun endlich aufgearbeitet werden«, sagte der Bundesvorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Schwesigs bisherige Äußerungen dazu seien zu wenig. »Ein «Huch, war wohl ein Fehler» wird da nicht reichen.« Nouripour bezog sich dabei auf Schwesigs Eingeständnis, dass die Strategie enger Beziehungen zu Russland gescheitert und das Festhalten an Nord Stream 2 ein Fehler gewesen sei.

Hofreiter fordert Untersuchung

Auch der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, forderte eine eingehende Untersuchung. »Wie die Regierung in Mecklenburg-Vorpommern sich zum Handlanger von Nord Stream 2 machte, um den Bau der Ostseepipeline zu befördern, muss dringend aufgeklärt werden«, sagte der Grünen-Politiker der Zeitung. Zuvor war bekannt geworden, dass Vertreter von Nord Stream an der Formulierung der Stiftungssatzung beteiligt waren. Die gesamte »verfehlte deutsche Russlandpolitik« müsse aufgearbeitet werden - auch die Rolle der CDU, forderte Hofreiter weiter. Anders als SPD und große Teile der CDU hatten die Grünen den Bau einer zweiten Gasleitung durch die Ostsee aus Umwelt- und aus politischen Gründen stets strikt abgelehnt.

Schwesig selbst äußerte sich am Dienstag nicht dazu. Dafür mahnte ihr Staatskanzlei-Chef Patrick Dahlemann Sachlichkeit an. »Der Angriff Putins hat alles verändert, und deshalb sollten wir uns gemeinsam auf die rechtlichen Möglichkeiten zur Auflösung der Stiftung konzentrieren«, sagte er.

Der Landtag hatte unmittelbar nach Kriegsbeginn in der Ukraine die Auflösung der Stiftung beschlossen, was auch von Schwesig unterstützt wird. Allerdings wehrt sich bislang der Vorstandsvorsitzende, Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), aus rechtlichen Gründen dagegen. Im Mai soll auf Betreiben von CDU, FDP und Grünen im Landtag in Schwerin ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, der sich eingehend mit Gründung und Wirken der Stiftung befassen wird.

Umfassende Bestandsaufnahme erforderlich

Nach Ansicht des Rostocker Politikwissenschaftlers Wolfgang Muno ist insgesamt aber eine umfassendere Bestandsaufnahme erforderlich. »Bei dieser Russland-Connection geht es nicht nur um Schwesig, es geht um alle Vorgänge, die die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland angehen«, sagte Muno der dpa. Er wies darauf hin, dass große Teile der deutschen Energieinfrastruktur an russische Unternehmen verkauft wurden, unter Billigung von SPD und CDU.

Dies griff auch der Sprecher der Landesgruppe Ost der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Junge aus Wismar, auf. Der Russland-Kurs sei in den vergangenen 16 Jahren durch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geprägt worden, und in Mecklenburg-Vorpommern habe eine Koalition aus SPD und CDU die Ansiedlung von Nord Stream 2 sowie die Gründung der Klimastiftung gemeinsam auf den Weg gebracht. Vor diesem Hintergrund überraschten »Rücktrittsforderungen aus den Reihen der CDU gegenüber Manuela Schwesig doch sehr«, sagte Junge der »Rheinischen Post« (Dienstag). Zuvor hatte der Unions-Außenexperte Norbert Röttgen Schwesig den Rücktritt nahegelegt, falls Medienberichte über enge Verflechtungen mit Nord Stream 2 zuträfen.

© dpa-infocom, dpa:220419-99-957781/3