KARLSRUHE. Gewerkschaftsmitglieder und nicht in der Gewerkschaft organisierte Arbeitnehmer dürfen im Tarifvertrag unterschiedlich behandelt werden.
Dies verstoße nicht gegen das Grundgesetz, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem heute in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Das gilt jedenfalls dann, wenn kein Zwang oder Druck zum Gewerkschaftsbeitritt ausgeübt wurde. Die höchsten deutschen Richter wiesen eine Verfassungsbeschwerde eines nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten ab, der sich durch eine sogenannte Differenzierungsklausel benachteiligt sah. Solche Klauseln legen in Tarifverträgen fest, dass bestimmte Vergünstigungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zugute kommen.
Die Gewerkschaft hatte im vorliegenden Fall für ihre Mitglieder im Sozialtarifvertrag Überbrückungs- und Abfindungsleistungen ausgehandelt. Für Nichtmitglieder galten die Regelungen aus dem Arbeitsvertrag und dem Sozialplan. Der Beschwerdeführer wollte die gleichen Leistungen wie Gewerkschaftsmitglieder. Vor dem Arbeitsgericht war er zunächst erfolgreich. Doch das Landesarbeitsgericht München und das Bundesarbeitsgericht wiesen seine Klage ab - zu Recht, entschieden nun die Verfassungsrichter.
Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes schütze zwar die Freiheit, Vereinigungen fernzubleiben. Der mögliche Anreiz, wegen der unterschiedlichen Behandlung einer Gewerkschaft beizutreten, sei kein Zwang und damit verfassungsgemäß. Der vom Beschwerdeführer behauptete »generalpräventive« Druck sei nicht belegt worden. Auch der besondere Kündigungsschutz für diejenigen, die zu einem bestimmten Stichtag bereits in der Gewerkschaft waren, sei nicht zu beanstanden. Ohnehin sei die Gewerkschaft nur befugt, Abreden für ihre Mitglieder zu treffen. Sie sei schon aufgrund der Tarifautonomie nicht verpflichtet, alle Beschäftigten gleichermaßen zu berücksichtigen (Az.: 1 BvR 1278/16 - Beschluss vom 14. November 2018).