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Gesetzliche Krankenversicherung keineswegs zweitklassig

Studien werden gerne herangezogen, um die eigene Sicht der Dinge zu untermauern. Das geschieht auch im Gesundheitswesen. Doch lassen sich private und gesetzliche Krankenversicherung so einfach vergleichen?

Gesetzliche Krankenkassen
Große Lücken im Vergleich zur gesetzlichen Versicherung gibt es laut Studie bei den Privattarifen insbesondere bei Kuren und der Rehabilitation. Symbolbild: Jens Kalaene Foto: Jens Kalaene
Große Lücken im Vergleich zur gesetzlichen Versicherung gibt es laut Studie bei den Privattarifen insbesondere bei Kuren und der Rehabilitation. Symbolbild: Jens Kalaene Foto: Jens Kalaene

Berlin (dpa) - Die gesetzliche Krankenversicherung ist nach Ansicht der Grünen deutlich besser als ihr Ruf.

Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag) unter Bezug auf eine neue Studie, die Leistungen privater und gesetzlicher Krankenkassen verglich: »Die wiederkehrende Behauptung, die gesetzliche Krankenversicherung sei nur zweitklassig, wird mit dieser Untersuchung klar widerlegt.« Stattdessen könnten etliche der untersuchten Privattarife nicht einmal elementare Leistungen garantieren, kritisierte die Grünen-Abgeordnete.

Die Studie des Instituts PremiumCircle im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion kommt laut RND zu dem Ergebnis, dass private Krankenversicherungen selbst in teuren Premium-Tarifen durchweg weniger Leistungen böten als gesetzliche Kassen. Danach werden bei den Top-Tarifen der privaten Versicherer im Schnitt mehr als ein Viertel (27 Prozent) der als unverzichtbar definierten Mindestanforderungen nicht erfüllt. Bei der GKV seien es nur drei Prozent.

Allerdings räumen die Autoren der Kurzstudie selbst ein, »eine präzise vergleichende Bewertung« der beiden Versicherungsmodelle sei angesichts unterschiedlicher Einflussfaktoren »analytisch nicht möglich. Wir weisen daher explizit darauf hin, dass in der vorliegenden Kurzstudie bei der Bewertung einiger Leistungskriterien abgewogen werden musste, ob die jeweiligen Leistungen der GKV in ihrem Umfang in etwa mit denen der PKV vergleichbar sind«.

Für die Studie definierte PremiumCircle gleichwohl 103 Mindestkriterien, 100 davon seien Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV. Zusätzlich aufgenommen wurden unter anderem höhere Leistungen beim Zahnersatz und eine Kostenübernahme bei Brillen ohne Altersbeschränkung, was nach Ansicht der Studien-Autoren zu einer umfassenden Krankenversicherung gehören sollte.

Große Lücken im Vergleich zur GKV gibt es laut Studie bei den Privattarifen insbesondere bei Kuren und der Rehabilitation. Schlechtere Bedingungen bestünden häufig auch bei der Palliativversorgung, der häusliche Krankenpflege, der Psychotherapie sowie bei Impfungen.

Die Bewertung der Leistungen der PKV-Tarife ist nach Darstellung der Studien-Autoren vergleichsweise einfach: »Was nicht vertraglich klar garantiert ist, ist nicht versichert.« Es handelt sich hier also um ein klassisches Versicherungsmodell, das mit dem Versicherer individuell ausgestaltet werden kann.

Die GKV ist dagegen eine Solidarmodell: Alle zahlen je nach Einkommen ein und bekommen im Krankheitsfall Leistungen nach einem relativ einheitlichen Katalog. Nach der Studie gestaltet sich die Bewertung der Leistungen des Solidarmodells GKV denn auch schwieriger.

Das Leistungsgefüge sei sehr komplex und fortlaufend von Entscheidungen des Gesetzgebers und des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) abhängig. Überdies gebe es immer wieder Berichte, wonach Versicherte Probleme haben, gesetzliche Leistungen in der Praxis auch tatsächlich zu erhalten. Auch sei häufig der zeitnahe Zugang zu Fachärzten deutlich schwieriger als in der PKV, so die Studie.

Grüne, SPD und Linke streben seit langem und in unterschiedlicher Ausprägung eine einheitliche Bürgerversicherung an, die wahrscheinlich das Aus für die PKV in der heutigen Form bedeuten würde.