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Gericht: Schröder hat keinen Anspruch auf Büro im Bundestag

Der Vorgang ist bislang einmalig. Nach dem Verlust seines Büros im Bundestag zieht Altkanzler Gerhard Schröder vor Gericht. Er sieht einen Anspruch und verweist auf die bisherige Praxis. Vergeblich.

Gerhard Schröder
Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Klage von Gerhard Schröder zurückgewiesen. Foto: Kay Nietfeld
Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Klage von Gerhard Schröder zurückgewiesen.
Foto: Kay Nietfeld

Es bleibt dabei: Altkanzler Gerhard Schröder bekommt sein Büro im Bundestag nicht zurück. Das Verwaltungsgericht Berlin hat eine Klage des SPD-Politikers gegen einen Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages abgewiesen, in dessen Folge das Büro stillgelegt wurde.

Der Bundestag könne alleine entscheiden, wofür er das Geld ausgibt, begründete das Gericht seine Entscheidung. »Zwar gibt es seit über 50 Jahren eine einheitliche und dauernde Übung, nach der Bundeskanzler a.D. ein Büro mit Stellenausstattung erhalten«, erklärte die Vorsitzende Richterin, Gerichtspräsidentin Erna Viktoria Xalter. Ein Anspruch ergebe sich daraus aber nicht.

Dagegen spricht nach Überzeugung des Gerichts die Budgethoheit des Parlaments, die verfassungsrechtlich garantiert ist. Schröder kann sich laut Gericht auch nicht auf den Grundsatz der Gleichbehandlung berufen. Die Einrichtung eines solchen Büros richte sich allein nach öffentlichem Interesse, weil es um die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben gebe.

Schröder kann Berufung einlegen

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Schröder kann dagegen Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) einlegen (Az.: VG 2 K 238/22). Und er könnte gegen die SPD-Bundestagsfraktion klagen, wenn es um die bloßen Räumlichkeiten geht. Denn die sieben Räume im Gebäude des Bundestags hatte die Fraktion dem Altkanzler zur Verfügung gestellt. Geklagt hatte Schröder jedoch gegen das Bundeskanzleramt, dem Büro und Personal formal unterstellt sind.

Schröder war von 1998 bis 2005 Kanzler und von 1999 bis 2004 Parteivorsitzender der SPD. Bei der Verhandlung in Berlin war der 79-Jährige nicht anwesend. Schröder sei verreist und werde sich auch nach dem Urteil zunächst nicht äußern, erklärte sein Anwalt Michael Nagel. Dieser verließ das Gericht ebenfalls ohne Kommentar mit Verweis darauf, dass sich die Vertreter des Bundeskanzleramtes ebenfalls nicht äußern wollten.

Der Haushaltsausschuss hatte im Mai 2022 beschlossen, Schröders Büro im Bundestag stillzulegen. Zur Begründung hieß es, der Altkanzler nehme keine Verpflichtungen mehr wahr im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit. Zuvor hatte er wegen seiner Verbindungen zu Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik gestanden - auch in der eigenen Partei. Mehrere seiner Mitarbeiter hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ihre Posten bereits aufgegeben.

In dem vom Haushaltsausschuss beschlossenen Antrag waren Schröders Verbindungen zu russischen Konzernen oder Putin aber nicht genannt worden. Vor Gericht blieb offen, ob dies möglicherweise für den Ausschuss mit eine Rolle spielte. »Was ist eigentlich mit dem Ukraine-Krieg«, fragte Richterin Xalter in diesem Zusammenhang. »Alle Welt hat es so wahrgenommen, dass es in dem Kontext passiert ist«, meinte sie.

Vorgang bislang einmalig in bundesdeutscher Geschichte

Schröders Anwälte kritisierten, der Altkanzler habe vor der Entscheidung keine Möglichkeit gehabt, sich dazu zu äußern. »Das ist eines Rechtsstaats unwürdig«, sagte Anwalt Ralph Heiermann. Sein Kollege Nagel betonte, Schröder habe den Fall eigentlich nicht vor Gericht bringen wollen. Da es keine Gespräche gegeben habe, habe er aber keine andere Möglichkeit gesehen.

Der Vorgang ist bislang einmalig in der bundesdeutschen Geschichte und wirft ein Schlaglicht auf die mit Steuergeld finanzierte Ausstattung früherer Funktionsträger. »Die bisherige Gesetzeslage ist außerordentliche lückenhaft«, fasste Gerichtssprecher Stephan Groscurth Erkenntnisse aus dem Schröder-Verfahren zusammen.

Seit mehreren Jahrzehnten ist es üblich, dass ehemalige Bundeskanzler und Bundespräsidenten nach dem Ende ihrer Amtszeit ein Büro erhalten. Diese Regelung reicht zurück bis in die Zeiten von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU). Die Büros wurden bislang auf Lebenszeit zur Verfügung gestellt und konnten über Jahrzehnte existieren.

Merkel verfügt seit Amtsende über ein Büro

Die personelle Ausstattung entwickelte sich über die Jahre. Sie unterliege offensichtlich einem »gewissen Verhandlungsgeschick«, befand Gerichtspräsidentin Xalter. Aus dem Bundeshaushalt wurden demnach seit 1967 drei Stellen finanziert, 1974 seien es bereist mehr Stellen gewesen. Die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verfügt seit Amtsende über ein Büro mit neun teilweise hoch besoldeten Mitarbeitern. Im Fall von Schröder geht es um sieben Räume und zuletzt vier Stellen.

Der Bundesrechnungshof hatte vor einigen Jahren eine mangelnde Kontrolle kritisiert. Im Frühjahr 2022 regelte die Koalition von SPD, Grüne und FDP jedoch die Alimentierung generell neu. Sie ist nun abhängig davon, ob die früheren Top-Politiker tatsächlich noch Aufgaben im Zusammenhang mit ihrem früheren Amt übernehmen, also etwa Schirmherrschaften haben und Reden halten.

Das Urteil bestätige das Vorgehen, betonte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde. »Das ist eine Entscheidung im Sinne der Steuerzahler:innen in unserem Land.« Die Linke forderte unterdessen eine grundsätzliche Lösung. »Büros von Altkanzlerinnen und Altkanzlern sind für mich aus der Zeit gefallen. Sie brauchen keinen eigenen Hofstaat auf Lebenszeit. Die Büros müssen aufgelöst werden«, forderte Gesine Lötzsch, stellvertretende Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion.

© dpa-infocom, dpa:230504-99-550718/15