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Forderungen nach weiteren Corona-Lockerungen

Den fünften Tag in Folge ist die Corona-Inzidenz wieder leicht gestiegen. Manche Politiker wollen trotzdem weiter lockern - auch mit Verweis darauf, dass die Inzidenz als Kennziffer nicht mehr geeignet ist.

Coronavirus
Die Inzidenz in Deutschland steigt seit nun mehr fünf Tagen in Folge wieder an. Dennoch fordern mehrere Politiker weitere Öffnungen. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Die Inzidenz in Deutschland steigt seit nun mehr fünf Tagen in Folge wieder an. Dennoch fordern mehrere Politiker weitere Öffnungen. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

BERLIN. Angesichts der steigenden Impfstoffverfügbarkeit fordern mehrere Politiker zeitnah weitere Corona-Lockerungen - obwohl die Inzidenzwerte seit ein paar Tagen wieder steigen.

»Wenn alle ein vollständiges Impfangebot erhalten haben und die Impfung vor schweren Verläufen auch neuerer Varianten schützt, müssen wir unsere Corona-Maßnahmen schrittweise wieder zurücknehmen«, sagte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) der »Welt am Sonntag«.

Weitere Öffnungen gefordert

Ähnlich argumentierten CSU-Generalsekretär Markus Blume und der Chef der Hamburger CDU, Christoph Ploß, in der Zeitung. Blume sagte: »Sobald jeder Bürger ein komplettes Impfangebot erhalten hat und der Impfschutz auch wirksam bleibt, geht die Gesamtverantwortung vom Staat wieder auf den einzelnen Bürger über. Das heißt: Mit dem Impfschutz für alle endet auch die Zeit der Beschränkungen für alle. An diesem Punkt sind wir aber noch nicht.« Von Ploß hieß es: »Kaum ein vollständig Geimpfter wird die Einschränkung seiner Grund- und Freiheitsrechte weiterhin akzeptieren, wenn alle ein Impfangebot erhalten haben. Für vollständig Geimpfte müssen die Einschränkungen spätestens dann fallen.«

Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte sich jüngst für eine Aufhebung aller Corona-Einschränkungen ausgesprochen, sobald alle Menschen in Deutschland ein Impfangebot bekommen haben. Damit sei im Laufe des Augusts zu rechnen.

Inzidenz steigt den fünften Tag in Folge

Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Sonntag den fünften Tag in Folge an, bewegt sich aber weiterhin auf niedrigem Niveau. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) von Sonntagmorgen lag sie bei 6,2 Neuinfektionen in 7 Tagen pro 100.000 Einwohner (Vortag: 5,8; Vorwoche: 5,0). Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 745 Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche waren es 559 Ansteckungen. Binnen 24 Stunden wurden 6 neue Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert.

In anderen europäischen Ländern gibt es bereits einen deutlicheren Anstieg der Infektionszahlen. Deshalb gilt seit Mitternacht unter anderem Spanien aus Sicht der Bundesregierung als Corona-Risikogebiet. Das bedeutet, dass das Auswärtige Amt mitten in den Sommerferien wieder von touristischen Reisen in das beliebteste Urlaubsland der Deutschen abrät. Praktische Folgen ergeben sich für Urlauber aber kaum.

Ist die Inzidenz als Kennziffer noch geeignet?

In der Politik wird ohnehin diskutiert, wie groß die Aussagekraft der Ansteckungszahlen angesichts der Impfungen noch ist. Saarlands Regierungschef Hans sagte: »Je mehr Menschen geimpft und getestet sind, desto mehr verliert der Inzidenzwert allein an Aussagekraft.« Deshalb sollte im Herbst der Fokus mehr auf die Intensivbettenbelegung in den Krankenhäusern gerichtet werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte am Samstag in einer Stellungnahme argumentiert, die Inzidenz werde nach der erfolgreichen Impfkampagne keine hinreichende Kennziffer mehr sein.

Die FDP hat die Bundesregierung aufgefordert, noch bis zum Ende der parlamentarischen Sommerpause ein Konzept für den geordneten Ausstieg aus Sonderregelungen in der Corona-Pandemie vorzulegen. Sonst drohe, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite nur deswegen nicht aufgehoben werden könne, weil seit März 2020 »ein nur schwer überschaubares Gewirr von Regelungen entstanden ist«, die an einen solchen Ausnahmezustand anknüpften, heißt es in einem Papier der FDP-Bundestagsfraktion. Das Papier lag der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag in Berlin vor.

Bouffier für Abwarten

Vorsichtiger blieb Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in der »Welt am Sonntag«: »Zunächst sollten wir zumindest drei Monate abwarten, denn dann wissen wir besser, welche Auswirkungen die Delta-Variante und die Reiserückkehrer haben.« Er halte daher eine weitere Maskenpflicht in Abwägung zu den möglichen Auswirkungen für eine geringere Einschränkung.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble rief die Menschen auf, weiter achtsam zu sein. »Ich sehe mit großer Sorge, was im Fußballstadion von Wembley oder in manchen Urlaubsorten los ist«, sagte Schäuble der »Bild am Sonntag«. Wer sich unvernünftig verhalte und keine Vorsichtsmaßnahmen einhalte, setze alle der Gefahr einer vierten Welle aus. »Deshalb: Liebe Leute, freut euch, dass wir wieder essen gehen, Leute treffen können, aber übertreibt es nicht«, mahnte der Parlamentspräsident. (dpa)