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FDP-Generalsekretär: EU muss neue Iran-Strategie entwickeln

Wie soll die EU weiter mit dem Iran umgehen? Auf diese Frage hat Djir-Sarai eine klare Antwort. Auch der US-Präsident ruft zu einem Ende der Gewalt auf. Die Machthaber dort erkennt aber keine Fehler.

Bijan Djir-Sarai
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai plädiert für einen schärferen Kurs im Umgang mit den Machthabern in Teheran. Foto: Michael Kappeler
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai plädiert für einen schärferen Kurs im Umgang mit den Machthabern in Teheran.
Foto: Michael Kappeler

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai plädiert wegen der seit bereits einem Monat andauernden Gewalt gegen Demonstranten im Iran für einen schärferen Kurs im Umgang mit den Machthabern in Teheran. »Die EU muss jetzt endlich eine neue Iran-Strategie entwickeln. Das Verhängen personenbezogener Sanktionen gegen Vertreter des Regimes ist notwendig und wünschenswert, darf aber nicht schon das Ende konkreter Maßnahmen sein«, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

Die EU sollte sich nach seinen Worten vor allem die Frage stellen, ob die Fortsetzung der Gespräche zum Atom-Abkommen mit dem Iran unter diesen Vorzeichen noch sinnvoll sei. »Verhandlungen mit einem Regime zu führen, dass die Legitimation der eigenen Bevölkerung dramatisch verspielt hat, ist kaum vertretbar«, forderte Djir-Sarai, der selbst aus dem Iran stammt. Und: »Die EU muss im Gespräch mit dem Iran Menschenrechtsfragen die gleiche Bedeutung beimessen wie dem Abschluss des Atom-Abkommens.«

Iran kritisiert EU

Der Iran hingegen kritisiert die Europäische Union wegen ihrer Haltung zu den anhaltenden Protesten im Land. »Unruhen, Brandstiftungen und Terroroperationen haben nichts mehr mit friedlichen Protesten zu tun«, sagte Außenminister Hussein Amirabdollahian in einem Telefonat mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell laut Webseite des Außenministeriums. Die Polizeieinsätze gegen die Proteste nannte der iranische Chefdiplomat daher absolut legitim. Die EU solle diese Vorfälle nicht als Vorwand nehmen, um Druck auf den Iran auszuüben, mahnte er.

Medienberichten zufolge plant die EU, am Montag wegen der Unterdrückung der Proteste Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. Teheran hat die EU in dem Fall vor einer »adäquaten Reaktion« gewarnt, die Rede ist gar von einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen und Ausweisung der EU-Botschafter.

Für diesen Fall rechnen Beobachter mit einem Ende der EU-Bemühungen um die Rettung des Wiener Atomabkommens von 2015. Dann wäre auch ein Ende der Iran-Sanktionen vom Tisch, wegen der das eigentlich ölreiche Land seit fast vier Jahren in einer akuten Wirtschaftskrise steckt. Nach den Protesten und gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten in den vergangenen vier Wochen hat sich diese Krise noch weiter verschärft.

Biden: Gewalt gegen Bürger beenden

US-Präsident Joe Biden ruft die iranische Führung derweil auf, nicht gewaltsam gegen die Proteste im Land vorzugehen. »Der Iran muss die Gewalt gegen die eigenen Bürger beenden, die einfach nur ihre Grundrechte ausüben«, sagte Biden bei einem Auftritt in der kalifornischen Stadt Irvine am Freitag (Ortszeit). Frauen und Männer sollten das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit haben, sagte Biden. Und Frauen »sollten - in Gottes Namen - tragen können, was sie wollen«, betonte er. »Niemand sollte ihnen sagen, was sie tragen sollen.«

Im Iran gehen Menschen bereits seit Wochen auf die Straße. Auslöser der Proteste war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich »unislamischen Outfits« festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben; die Polizei weist das zurück. Seit dem Tod der Frau demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie den Kopftuchzwang.

Biden zeigte sich beeindruckt von dem Ausmaß der durch den Tod Aminis ausgelösten Proteste. »Es hat etwas ausgelöst, was denke ich lange, lange Zeit nicht beruhigt werden wird«, sagte er.

© dpa-infocom, dpa:221015-99-135231/2