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FDP-Chef Lindner mit 86,64 Prozent wiedergewählt

Zuletzt gab es auch etwas parteiinterne Kritik am Vorsitzenden Christian Lindner, etwa daran, wie er mit den jungen Aktivisten von »Fridays for Future« umging. Geschadet hat es ihm wohl kaum.

Christian Lindner
FDP-Chef Christian Lindner. Foto: Sebastian Gollnow
FDP-Chef Christian Lindner.
Foto: Sebastian Gollnow

BERLIN. Christian Lindner ist mit 86,64 Prozent als FDP-Vorsitzender wiedergewählt worden. Er erhielt am Freitag auf dem 70. FDP-Parteitag in Berlin 519 von 599 gültigen Delegiertenstimmen. Bei der vorherigen Wahl bekam er noch 91 Prozent. Lindner sagte danach, dies sei ein tolles Ergebnis, das ihn motiviere, weiterzumachen.

Zuletzt hatte es auch intern Kritik am grundsätzlich unumstrittenen Partei- und Fraktionschef gegeben. So wurde sein Umgang mit den jugendlichen Aktivisten von »Fridays for Future« insbesondere in der Nachwuchsorganisation Julis nicht gutgeheißen.

In seiner rund eineinhalbstündigen Parteitagsrede, warnte Lindner vor Einschränkungen individueller Freiheiten im Namen des Klima- und Umweltschutzes. »Wenn Verhältnismäßigkeit keine Rolle mehr spielt, wenn es nicht mehr eine Rolle spielt, auch Ziele wie Wohlstand oder individuelle Lebensführung zu sichern, dann ist das eine Form des ökologischen Autoritarismus«, sagte Lindner. »Wir werden alle Vegetarier und Veganer, wenn es nach denen geht«, sagte er mit Blick auf die Grünen und insbesondere auf deren Vorsitzenden Robert Habeck.

Lindner machte deutlich, dass er im Umwelt- und Klimaschutz weiter vor allem auf die Innovationskraft der Wirtschaft setzt. Durch technische Innovation sollte der CO2-Ausstoß in Deutschland reduziert werden. Er erhielt von den Delegierten für seine rund eineinhalbstündige Rede großen Beifall.

Mit den jugendlichen Klimaaktivisten von »Fridays for Future« wolle er eine nüchterne und sachliche Auseinandersetzung führen. Wer junge Menschen in ihrem Protest wirklich ernst nehme, müsse sich mit ihren Anliegen beschäftigen und gegebenenfalls auch fachlichen Widerstand entgegensetzen.

»Fridays for Future« argumentiere »hypermoralisch«. Und ausgerechnet diejenigen, denen ihr Protest gelte, hofierten das Engagement besonders. Er halte das für »opportunistisch«. Forderungen der Aktivisten wie 180 Euro pro Tonne CO2-Ausstoß bedeuteten für eine vierköpfige Familie 8000 Euro pro Jahr zusätzlich, argumentierte Lindner. Die anderen Parteien schwiegen dazu, fügte er hinzu. Die FDP sage, dies sei zu hoch und auch unnötig.

Die Liberalen stellten die Ziele des Klimaschutzes nicht infrage. Aber um diese umzusetzen, bedürfe es einer starken Wirtschaft, die die Technologie dafür zur Verfügung stelle. Jeder könne natürlich klimapolitische Ziele formulieren, auch Jugendliche, sagte Lindner weiter. Aber zur technischen Umsetzung seien eben Profis nötig.

Lindner unterstrich, die Debatte um die Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin sei »Linkspopulismus«. »Das ist eine Form der Entmenschlichung«, sagte er. »Es wird nicht mehr gesprochen über diejenigen, denen diese Unternehmen gehören oder wer da beschäftigt ist. Sondern das werden anonyme Mächte, die sich gegen unsere Gesellschaft wenden, und die man deshalb als Gegner, zum Gegner erklären oder enteignen kann.«

Dabei investierten angesichts niedriger Zinsen Lebensversicherungen oder kirchliche Versorgungswerke in Immobilien. Es gehe um die Altersvorsorge von Millionen Deutschen. Es müsse die Devise »bauen statt klauen« gelten, sagte Lindner in dieser von den Delegierten heftig beklatschten Passage seiner Parteitagsrede.

Der FDP-Chef warnte vor Kürzungen im Bildungsbereich. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) gebe mehr Geld insbesondere in die Ressorts, die von der SPD geführt werden, zum Beispiel das von Arbeitsminister Hubertus Heil. Ein Feld nehme Scholz aber aus: »Bis 2023 sollen 4 Prozent der Mittel sogar noch gekürzt werden im Haushalt für Bildung und Forschung des Bundes.« Man können überall sparen, aber nicht an der Bildung von Kindern und Jugendlichen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warf er vor, mit seinem Papier zur Industriepolitik der Bundesregierung in die Planwirtschaft abzurutschen. Altmaier nimmt zurzeit in Peking an einer Konferenz zur neuen Seidenstraße teil. Ein Projekt, mit dem China offensichtlich seine Einflusssphäre ausweiten will.

Besonders kritisch setzte sich Lindner denn auch mit der Rolle Chinas in der Weltwirtschaft auseinander. Deutschland und Europa müssten China auf Augenhöhe entgegentreten. Das brauche auch ein starkes und einiges Europa. »China will ein globaler Hegemon werden« und anderen seine Vorgaben diktieren. Es sei ein Wettbewerb auch der wirtschaftspolitischen Systeme - hier Kontrolle, dort freie Marktwirtschaft. Mit ironischem Unterton fügte er hinzu, er wolle mit seinen Hinweisen auf Chinas wirtschaftliche Erfolge keine Angst vor dem »gelben Mann« schüren. (dpa)