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FDP-Bundesparteitag grenzt sich vom Kurs der Grünen ab

Drei Tage lang stecken die Liberalen ihr Vorgehen in der Ampel-Koalition ab. Klar wird: Die FDP hadert mit dem Weg des grünen Koalitionspartners beim Klimaschutz.

FDP-Bundesparteitag
Generalskretär Bijan Djir-Sarai beim FDP-Bundesparteitag. Foto: Joerg Carstensen
Generalskretär Bijan Djir-Sarai beim FDP-Bundesparteitag.
Foto: Joerg Carstensen

Die FDP hat bei einem dreitägigen Bundesparteitag ihre Positionen geschärft und sich in zentralen Punkten vom grünen Koalitionspartner abgegrenzt. Die Delegierten pochten in der Verkehrspolitik auf den Kurs der FDP und forderten in einem Leitantrag »große Änderungen« am Gebäudeenergiegesetz. Gewarnt wird vor dogmatischen Vorfestlegungen auf einzelne Technologien.

Der Antrag zielt damit darauf ab, einen Ampel-Kompromiss zu verändern. Dieser bedeutet im Kern, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss und damit - von Ausnahmen und Übergangsfristen abgesehen - keine reinen Gas- oder Ölheizungen mehr neu installiert werden dürfen.

»Wir haben über die Themen gesprochen, die die Menschen bewegen in diesem Land. Wir haben über die Zukunftsfragen dieses Landes gesprochen«, sagte der in seinem Amt bestätigte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Sonntag in einer Schlussbemerkung und verwies auf steigende Umfragewerte seiner Partei, die nun wieder bei 9 Prozent seien.

»Fitnesskur« für Deutschland

Djir-Sarai hatte am Vortag eine stärkere Ausrichtung auf Wirtschaft und Wachstum betont und eine »Fitnesskur für den Standort Deutschland« verlangt. Dabei sei eine stabile Finanzpolitik das Fundament für Wohlstand und Wachstum. Auch Finanzpolitik müsse nachhaltig sein. Er setzte sich deutlich von den Grünen ab, ohne sie direkt beim Namen zu nennen. »Wohlstand ist auch in Deutschland kein Naturgesetz. Wohlstand muss verdient und erarbeitet werden«, sagte er. »Das Philosophieren über Nullwachstum und Wohlstandsverzicht mag links-grüne Stuhlkreise faszinieren, für uns ist es aber definitiv kein Zukunftsmodell.«

Den Klimaschutz bezeichnete der FDP-Generalsekretär als eine »zentrale internationale Menschheitsaufgabe«: Er sei selbstverständlich auch für die FDP außerordentlich wichtig. »Wir wollen aber eine Klimaschutzpolitik, die die Menschen mitnimmt anstatt die Menschen zu bevormunden. Wir wollen eine Klimaschutzpolitik, die auf Technologieoffenheit setzt anstatt auf die Sackgasse der Verbotskultur.«

Die designierte Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl 2024, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, mahnte eine europäische Sicherheitspolitik und mehr deutsche Führungsbereitschaft an. »Wenn wir nicht gemeinsam europäisch ticken, werden wir auch diesen Kontinent nicht wirklich schützen können«, sagte sie. Die anderen europäischen Staaten erwarteten von Deutschland, »mit zu führen und auch den Takt vorzugeben«. Dies sei knapp 80 Jahre nach Kriegsende ein Kompliment: »Das ist Ehre, das ist Auftrag, das ist ein Kompliment.« Deshalb habe man »die verdammte Pflicht, diese Rolle als Deutsche anzunehmen«.

Leitantrag mit bekannten Positionen

Die Delegierten verabschiedeten am Samstag nach längeren Beratungen den Leitantrag des Bundesvorstandes. Unter der Überschrift »Ja zu mehr Wohlstand - Nutzen wir die Energie der Krisenbewältigung für ein ambitioniertes Innovations- und Wachstumsprogramm« enthält dieser viele bekannte Positionen der Freien Demokraten.

Verlangt wird, Deutschland wieder zum Weltmarktführer für Innovation und technologischen Fortschritt zu machen, wachstumsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen und das Aufstiegsversprechen für alle Menschen mit neuem Leben zu füllen. Nötig seien solide Finanzen, mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie, eine moderne Verkehrs- und Energie-Infrastruktur, eine faire Chance für Vermögensbildung vor allem durch Aktien sowie beste Bildungschancen für alle Kinder.

Zudem werden »große Änderungen« am Gebäudeenergiegesetz verlangt, das - mit Zustimmung der FDP-Minister - vom Kabinett verabschiedet wurde. Die Vorschriften griffen zu stark in ein selbstbestimmtes Leben der Menschen ein, kritisiert die FDP jetzt. Es dürfe durch Klimaschutzvorschriften »keine Enteignung von Eigentümern und Mietern durch die Hintertür« geben. Beschlossen wurde zudem noch ein separater Antrag zu dem Gesetz.

Der FDP-Finanzpolitiker Christoph Meyer beanspruchte für seine Partei, Selbstbestimmung mit Wirtschaftswachstum zu verbinden. Er sagte: »Wir stehen für Deutschland als wettbewerbsfähige Industrienation. Innovationen und Fortschritt müssen frei atmen können, ohne Luft abschneidendes Regelkorsett.«

© dpa-infocom, dpa:230423-99-418710/2