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Für mehr Sichtbarkeit: Bundestagsdebatte »up Platt«

Plattdeutsch, Dänisch, Sorbisch und Friesisch: Bei einer Debatte halten Abgeordnete Reden, die wohl nur wenige Menschen in Deutschland verstehen. Die Politiker wollen so ein Zeichen setzen.

Minderheitensprachen
Plattdeutsch müsse wieder stärker Teil des Alltags werden, forderte die FDP-Politikerin Gyde Jensen aus Nordfriesland. Foto: Bernd von Jutrczenka
Plattdeutsch müsse wieder stärker Teil des Alltags werden, forderte die FDP-Politikerin Gyde Jensen aus Nordfriesland.
Foto: Bernd von Jutrczenka

Auf Plattdeutsch, Dänisch, Friesisch und Sorbisch haben Abgeordnete im Bundestag für eine bessere Sichtbarkeit und mehr Aufmerksamkeit für Minderheitensprachen geworben.

»Regionale Spraaken un Minnerheiten kaamt un blievt man blots nich eenfach so, de möten plegt und bedüddelt warrn«, sagte Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der Partei der dänischen und friesischen Minderheit, heute auf Plattdeutsch. (Auf Hochdeutsch etwa: »Regionale Sprachen und Minderheiten kommen und bleiben nicht einfach so, die möchten gepflegt und umsorgt werden.«) Anlass für die Debatte war der 25. Jahrestag des Inkrafttretens der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen am 1. März.

Sprechen in Minderheitensprachen erwünscht

Der ostfriesische SPD-Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff freute sich über die muntere Diskussion, die vom Parlamentskreis Plattdeutsch initiiert wurde: »Mutt ik seggen, wat bün ik blied, dat wi vandaag mitnanner up Platt, rechtschapen up Platt proten könen. Neet blot över Platt, sünnern ok up Platt.« Oder anders: Er sei erfreut, dass der Bundestag nicht nur über Plattdeutsch spreche, sondern auch auf Plattdeutsch. Das Sprechen der Minderheitensprachen war bei der Debatte erwünscht und zuvor mit der Bundestagsverwaltung und dem stenografischen Dienst, der die Debatten protokolliert, abgesprochen.

Plattdeutsch müsse wieder stärker Teil des Alltags werden - gerade auch für jüngere Menschen, forderte die FDP-Politikerin Gyde Jensen aus Nordfriesland. »Dat geiht nich um Fischbrötchen und Möwengeschrei und Folklore.« Zwar gehöre Plattdeutsch für viele Menschen in Norddeutschland fest zum Leben - in vielen Familien sei gerade Plattdeutsch zuletzt von den älteren Generationen aber nicht mehr an die Nachkommen weitergegeben worden, aus Sorge vor möglichen Nachteilen durch das Plattdeutschsprechen etwa im Beruf.

»Wat för`n dumm Tüüch! Dat mutt rut ut de Köpp« - »Was für ein dummes Zeug! Das muss raus aus den Köpfen«, stimmte auch der SSW-Abgeordnete Seidler zu, der von ähnlichen Erfahrungen berichtete. Er forderte die Länder und die Bundesregierung auf, den Minderheiten mehr unter die Arme zu greifen und etwa Lehrkräften an Schulen mehr Zeit zu geben, um Plattdeutsch und Friesisch zu unterrichten: »Jem mööt uns dor n beten mehr ünne de Arms grieben un geevt de Lehrers mehr Tied, damit se an de Scholen mehr Plattdüütsch un Freesch ünnerrichten köönt.«

CDU-Abgeordneter: Mit Kindern platt sprechen

Geld allein reiche nicht, um Kinder in Schulen mit Plattdeutsch zu erreichen, mahnte der CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt aus dem niedersächsische Verden. Das wichtigste sei das Sprechen selbst. Er forderte alle Zuhörerinnen und Zuhörer der Debatte auf, mit Kindern und Enkelkindern Platt zu sprechen - nur wenn die Sprache in den Familien gesprochen werde, habe sie auch eine Chance zu überleben.

Die Linken-Abgeordnete Petra Pau forderte, die Kulturen der anerkannten Minderheiten und Volksgruppen stärker bundesweit zu vermitteln. »Auch Sachsen sollten etwas über Friesen wissen, Hamburg über Sorben und so weiter.« Der Begriff Regionalsprache verleite dazu, die damit verbundenen Kulturen auch nur regional zu vermitteln und nicht bundesweit.

Die Sprachen der anerkannten Minderheiten Dänisch, Friesisch, Sorbisch und Romanes sowie die Regionalsprache Niederdeutsch (Plattdeutsch) werden seit 1999 durch die Konvention in Deutschland geschützt und gefördert, nachdem die entsprechende Charta des Europarates 1998 geschlossen wurde. Sie gilt in 25 Ländern. Vertreter der Minderheiten verfolgten die Debatte von der Besuchertribüne.

© dpa-infocom, dpa:230302-99-806140/2