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EU-Parlament billigt Brexit-Vertrag

Zwei Tage vor dem britischen EU-Austritt hat das Europaparlament den Scheidungsvertrag mit Großbritannien endgültig gebilligt. Für die meisten Abgeordneten ein trauriger Tag.

Europäisches Parlament
Das Europaparlament hat den Brexit-Vertrag ratifiziert. Foto: Michael Kappeler/dpa
Das Europaparlament hat den Brexit-Vertrag ratifiziert. Foto: Michael Kappeler/dpa

Brüssel (dpa) - Das Europaparlament hat den Brexit-Vertrag ratifiziert und damit den Weg geebnet für den britischen EU-Austritt am späten Freitagabend. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Brüssel mit großer Mehrheit für das mehr als 500 Seiten starke Austrittsabkommen.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und viele Parlamentarier bekräftigten ihr Bedauern, dass Großbritannien die Europäische Union nach fast 50 Jahren verlässt. »Wir werden euch immer lieben und wir werden nie weit weg sein«, rief von der Leyen.

Bei der Abstimmung votierten 621 Abgeordnete für den Austrittsvertrag, 49 sagten Nein und 13 enthielten sich. Vor dem britischen EU-Austritt am 31. Januar um Mitternacht (MEZ) müssen auch die 27 bleibenden EU-Staaten dem Vertrag noch einmal zustimmen. Das gilt ebenfalls als Formsache.

Wichtigster Punkt im Vertrag ist eine geplante Übergangsfrist bis zum Jahresende, in der sich im Alltag fast nichts ändert. Großbritannien bleibt in der Zeit wie bisher im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Beim Reisen und im Warenverkehr bleibt alles wie gehabt. In der elfmonatigen Frist soll geklärt werden, wie es ab 2021 weitergeht.

Dafür kündigte von der Leyen eine klare Linie an. »Wir wollen eine enge Partnerschaft schmieden«, sagte die Kommissionspräsidentin. Die EU biete ein einzigartiges Freihandelsabkommen ohne Zölle und Kontingente. Doch gelte dies nur bei fairen Wettbewerbsbedingungen. »Wir werden unsere Unternehmen mit Sicherheit nicht einem unfairen Wettbewerb aussetzen«, betonte von der Leyen. Der Zugang zum EU-Binnenmarkt werde davon abhängen, wie eng sich Großbritannien künftig an gemeinsame Standards halte.

Ganz ähnlich äußerte sich Außenminister Heiko Maas auf »Zeit online«. Die Verhandlungen könnten nur gelingen, wenn »wir offen und fair miteinander umgehen«. An Großbritannien richtete der SPD-Politiker die Forderung: »null Dumping und null unfairer Wettbewerb«.

Das Austrittsabkommen sichert bereits auf Dauer die Rechte von rund 3,2 Millionen EU-Bürgern in Großbritannien und von 1,2 Millionen Briten in der EU. Sie sollen weiter leben und arbeiten dürfen wie bisher. Auch die noch fälligen Zahlungen Großbritanniens an die EU sind nun geregelt. Gefunden ist auch eine Lösung für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland.

Geklärt werden müssen jedoch die langfristigen Handelsbeziehungen, die Zusammenarbeit im Fischfang, in der Außen- und Sicherheitspolitik und vielen anderen Feldern. Dafür ist die Zeit bis Jahresende sehr knapp. Maas sprach von einer »Herkulesaufgabe«.

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, betonte: »Bei den Verhandlungen gilt der Grundsatz: Wer die EU verlässt, verliert die Vorteile der Mitgliedschaft. Zugang zu unserem europäischen Markt behält nur, wer auch unsere Regeln respektiert.« Die EU werde die Interessen ihrer Bürger, Fischer, Landwirte, Studierenden und Unternehmer schützen.

Grünen-Fraktionschefin Ska Keller sprach von einem »traurigen Tag« und betonte, die EU und Großbritannien blieben Freunde und Partner. Die Tür für eine Rückkehr Großbritanniens bleibe offen. Auch Keller betonte jedoch, EU-Interessen und der Binnenmarkt müssten gewahrt werden. Ihr Fraktionskollege Sven Giegold stellte klar: »Die Zeit des Rosinenpickens ist vorbei.«

Viele Abgeordnete stellten auch die selbstkritische Frage, wie es soweit kommen konnte. Die sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Iratxe García sagte: »Populismus hat hier gewonnen mit seiner Waffe: der Lüge.« Gleichwohl müsse auch die EU weiter an einer Demokratisierung arbeiten. Der Linken-Fraktionschef Martin Schirdewan meinte ebenfalls: »Wenn die EU ihren politischen Kurs nicht ändert, könnten weitere Mitgliedstaaten folgen.« Er kritisierte vor allem die Sparpolitik.