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Erdogan droht mit Schließung von Stützpunkten für US-Militär

Syrien, eine russische Raketenabwehr und die Armenier-Resolution - Washington und Ankara liegen bei vielen Themen über Kreuz. Nun nutzt der türkische Präsident Erdogan zwei Stützpunkte als Druckmittel.

Luftwaffenstützpunkt Incirlik
Militärflugzeuge stehen auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Der türkische Präsident Erdogan hält angesichts der Spannungen zwischen Washington und Ankara auch eine Schließung von zwei Stützpunkten für die USA für möglich. Foto: Dha/Zuma Press/dpa
Militärflugzeuge stehen auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Der türkische Präsident Erdogan hält angesichts der Spannungen zwischen Washington und Ankara auch eine Schließung von zwei Stützpunkten für die USA für möglich. Foto: Dha/Zuma Press/dpa

Istanbul/Washington (dpa) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den USA angesichts der Spannungen zwischen beiden Ländern mit der Schließung zweier Stützpunkte gedroht.

»Wenn erforderlich« könne man die von den USA genutzte Luftwaffenbasis Incirlik in der Provinz Adana und die US-Radarstation Kürecik in der Provinz Malatya schließen, sagte Erdogan am Sonntagabend in einem Interview mit dem Sender A Haber. Insbesondere wenn »Maßnahmen wie Sanktionen« gegen die Türkei in Kraft treten sollten, werde man die entsprechende Antwort geben, sagte Erdogan.

»Für beide Seiten ist es wichtig, dass die USA keine Schritte unternehmen, die irreparabel für unsere Beziehungen sind«, fügte er hinzu. Die Äußerungen Erdogans könnten die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei weiter belasten.

Diese sind ohnehin angespannt, unter anderem weil die Türkei im Sommer das russische Raketenabwehrsystem S-400 gekauft hatte. US-Senatoren fordern deswegen Sanktionen gegen die Türkei. Vergangene Woche hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bereits angedeutet, dass die Türkei im Fall von US-Sanktionen den USA den Zugang zu Incirlik und Kürecik verwehren könnte.

Die USA und die Türkei hatten 1954 ein Abkommen zur gemeinsamen Nutzung Incirliks unterschrieben. Für die USA diente der Stützpunkt seitdem als Drehscheibe für Einsätze in Afghanistan und Syrien sowie im Irak.

Bis 2017 hoben von Incirlik auch deutsche Tornados für Einsätze im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ab. Weil die Türkei deutschen Abgeordneten immer wieder Besuche der dort stationierten Bundeswehrsoldaten verweigert hatte, zog die Bundesregierung die Soldaten nach monatelangem Streit aus Incirlik ab. Die Tornado-Aufklärungsjets wurden nach Jordanien verlegt.

Die USA reagierten trotz der Drohung Erdogans zunächst beschwichtigend. »Wir sehen den Status unserer Streitkräfte in der Türkei als Symbol für unser jahrzehntelanges Engagement, mit unserem Nato-Verbündeten und strategischen Partner Türkei zusammenzuarbeiten und ihn zu verteidigen«, sagte ein Pentagon-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur in Washington. Das Ministerium wolle diese gute Beziehung bewahren und die Türkei zu einer »konstruktiveren Politik« in Bezug auf das Raketenabwehrsystem S-400, Syrien und andere Konfliktthemen ermuntern.

Die US-Regierung befürchtet unter anderem, dass Russland über das empfindliche Radar der Raketenabwehr S-400 an Daten über die Fähigkeiten des US-Kampfjets F-35 gelangen könnte. Ankara war Partner beim Bau des Kampfjets und wollte zahlreiche Flugzeuge kaufen. Wegen des Rüstungsdeals mit Moskau haben die USA die Türkei aus dem F-35-Programm ausgeschlossen. Harte Sanktionen blieben bislang aber aus.

Das Verhältnis zwischen den Nato-Partnern ist auch angespannt, weil nach dem Repräsentantenhaus auch der US-Senat die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord anerkannt hat. Eine entsprechende Resolution wurde am Donnerstag verabschiedet. Die Türkei protestierte scharf. Erdogan sagte am Sonntag, es handele sich um eine politische Entscheidung, die inakzeptabel sei.

Während des Ersten Weltkriegs wurden Armenier systematisch verfolgt und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und bedauert die Massaker. Eine Einstufung als Völkermord weist sie jedoch strikt zurück.

Die Kongress-Resolutionen sind rechtlich nicht bindend, haben aber Symbolkraft und Gewicht für die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei. Im Jahr 2016 hatte der Deutsche Bundestag die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich ebenfalls als Völkermord eingestuft - das belastete die deutsch-türkischen Beziehungen schwer.