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Erdogan-Dekret: Vorgezogene Wahlen in der Türkei am 14. Mai

Die Türken sollen in zwei Monaten ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten wählen. Nach der verheerenden Erdbebenkatastrophe ist scharfe Kritik am Krisenmanagement der Regierung laut geworden.

Erdogan
Recep Tayyip Erdogan unterschreibt das Dekret zur Vorverlegung der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen auf den 14. Mai. Foto: Turkish Presidency
Recep Tayyip Erdogan unterschreibt das Dekret zur Vorverlegung der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen auf den 14. Mai.
Foto: Turkish Presidency

Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei finden am 14. Mai statt. Präsident Recep Tayyip Erdogan unterzeichnete am Freitag ein entsprechendes Dekret, und kurz darauf bestätigte die Wahlbehörde den Termin. Die Wahlen folgen damit nur drei Monate auf die verheerenden Erdbeben, die allein in der Türkei mehr als 47.000 Menschen getötet und etliche vertrieben und obdachlos gemacht haben.

Die Wahlen hätten eigentlich im Juni stattfinden sollen, Erdogan hatte eine Vorverlegung bereits im Januar ins Spiel gebracht. Vor dem Hintergrund der verheerenden Erdbeben gelte es, keine Zeit zu verlieren, sagte Erdogan, der erneut kandidieren will. Ob er rein rechtlich überhaupt noch einmal antreten darf, ist allerdings stark umstritten. Vorgezogene Wahlen können der türkischen Verfassung zufolge entweder mit 60 Prozent der Abgeordnetenstimmen im Parlament oder per Präsidenten-Dekret angeordnet werden.

Als weitere Gründe für den neuen Termin nannte Erdogan auch die zeitliche Kollision mit der Hauptpilgerzeit für Muslime nach Mekka und mit Examensprüfungen in Universitäten. Beobachter gehen aber auch davon aus, dass der 69-Jährige die Wahl vorzieht, damit Wahlgeschenke wie etwa die Verdopplung des Mindestlohns vor dem Hintergrund der starken Inflation nicht verpuffen. Seit den schweren Erdbeben vor einem Monat muss sich die Regierung zudem scharfer Kritik am ihrem Krisenmanagement stellen.

Einen Gegenkandidaten gibt es bislang

Für den seit 20 Jahren regierenden Erdogan dürfte die Abstimmung nicht nur vor dem Hintergrund der Erdbebenfolgen die herausforderndste seiner Karriere werden. Seine Umfragewerte stecken bereits seit längerem in einem Tief. Gleichzeitig können aber auch die einzelnen Oppositionsparteien keine deutliche Mehrheit auf sich vereinen.

Ein Herausforderer steht bereits fest: Kemal Kilicdaroglu von der stimmenstärksten Oppositionspartei CHP geht als gemeinsamer Kandidat eines Bündnisses aus sechs Partei ins Rennen.

Im Anschluss an das Präsidialdekret veröffentlicht die Wahlbehörde einen Zeitplan für die Zeit vor der Abstimmung. In den von den Erdbeben betroffenen Regionen werde derzeit die Infrastruktur bewertet, sagte Mehmet Rüstü Tiryaki, YSK-Mitglied der prokurdischen Partei HDP der dpa.

Schwierige Bedingungen im Erdbebengebiet

Laut Regierungsangaben wurden durch die Beben 230.000 Gebäude zerstört oder unnutzbar. Mehr als drei Millionen Menschen seien aus der Region evakuiert worden, mindestens 1,5 Millionen lebten in Zelten. Dort sollten etwa Schulhöfe für die Wahl genutzt werden, so Tiryaki.

Die HDP, derzeit zweitstärkste Oppositionspartei im Parlament, gehört dem Bündnis nicht an, hat aber in Aussicht gestellt, Kilicdaroglu ebenfalls zu unterstützen. In der Vergangenheit waren es etwa die Stimmen der mehrheitlich kurdischen Wähler der Partei, die über Sieg oder Niederlage entschieden.

© dpa-infocom, dpa:230310-99-905658/2