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Ein überaus heißes Eisen: MiG-29-Kampfjets für die Ukraine

Ein Vorstoß aus Polen fällt international nicht nur auf fruchtbaren Boden. Es geht um Kampfflugzeuge für die Ukraine. Mehrere westliche Verbündete sind dagegen - darunter auch Deutschland.

MiG-29-Kampfjet
Polnische Kampfflugzeuge für die Ukraine? Die USA sehen den Vorschlag kritisch. Foto: Michael Walczak
Polnische Kampfflugzeuge für die Ukraine? Die USA sehen den Vorschlag kritisch.
Foto: Michael Walczak

Die westlichen Verbündeten haben praktisch ausgeschlossen, dass die Nato eine Flugverbotszone über der Ukraine durchsetzen könnte - wegen der drohenden nuklearen Eskalation.

Eine weitere Forderung der Ukraine steht aber noch im Raum: Sie möchte von der Nato Kampfflugzeuge wie die MiG-29. Ein Vorschlag Polens dazu wirft Fragen auf und führt umgehend zu Verwerfungen.

Wo kommen die MiG-29-Kampfjets her?

Polen hat nach unterschiedlichen Angaben noch 28 Stück des in der Sowjetunion entwickelten Kampfflugzeugs MiG-29, darunter 22 Maschinen aus Beständen der NVA. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese aus der DDR übernommenen Flugzeuge an Polen auf Grundlage eines im Juni 2003 geschlossenen Abkommens für einen symbolischen Betrag von einem Euro überlassen.

Polen wollte den Abfangjäger - im Kalten Krieg der leistungsfähigste Kampfjet des Warschauer Pakts - für die eigene Verteidigung einsetzen oder für Auslandseinsätze unter dem Dach von UN, OSZE oder auch Nato, wie es damals hieß. Deutschland und Polen vereinbarten Regeln für den Verbleib der Maschinen. Deutscher Standard bei Abgaben an andere Länder ist, dass Berlin eine Weitergabe des Materials an spätere Abnehmer genehmigen muss.

Warum will die Ukraine die Flugzeugen haben?

Bei Kriegsbeginn verfügte die Ukraine noch über etwa 125 Flugzeuge, darunter 37 MiG-29 Jets. Nach Angaben westlicher Militärs haben russische Angriffe die Luftstreitkräfte weitgehend zerstört.

Eine Lieferung einsatzfähiger MiG-29 ist für die Ukraine naheliegend. Die Piloten sind auf dem Modell grundsätzlich ausgebildet, auch wenn an die Maschinen zur Erfüllung von Nato-Standards umgebaut wurden.

Die Piloten kurzfristig auf einem ganz neuen Flugzeug auszubilden, erscheint unrealistisch. Allerdings: In einer Verbalnote vom 3. März bittet die ukrainische Botschaft in Berlin die Bundesregierung um die Lieferung von Waffensystemen, darunter »Mehrzweckkampfflugzeuge«.

Können die Nato oder Bündnispartner deshalb in den Konflikt hineingezogen werden?

Die Ukraine ist ein souveräner Staat mit einer demokratisch gewählten Regierung und der Hoheit über den eigenen Luftraum. Allerdings hat der russische Angriff eine Realität geschaffen, in der die Nato unbedingt verhindern will, zur Kriegspartei zu werden.

Waffenlieferungen allein begründen dies wohl nicht, haben unterschiedliche Experten in den vergangenen Tagen erklärt. Anders könnte es aussehen, wenn die MiG-29 von Ramstein aus zu Kampfeinsätzen aufsteigen würden oder von dort versorgt werden.

Letztlich zählt dabei, wie Russland reagiert. Das russische Außenministerium warnte am Montag erneut vor westlichen Waffenlieferungen in die Ukraine und Folgen für die Nato. Dies könne eine »katastrophale Entwicklung der Situation nicht nur in der Ukraine, sondern auch in den Nato-Ländern provozieren«.

Wieso Ramstein als möglicher Ort einer Übergabe?

Das polnische Außenministerium hatte am Dienstagabend überraschend erklärt, die Regierung sei bereit, alle ihre MiG-29 unverzüglich und kostenlos auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zu verlegen und den USA zur Verfügung zu stellen. Die US-Luftwaffe hat ihr europäisches Hauptquartier in Ramstein, das auch Sitz eines Nato-Kommandos für die Luftstreitkräfte ist.

»Entscheidungen über die Lieferung von Offensivwaffen müssen auf der Ebene der gesamten Nato einstimmig getroffen werden«, sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki dazu. Polen könne keine eigenständigen Schritte tun, weil es nicht am Krieg beteiligt sei.

Der Nato-Mitgliedstaat reagiert nach eigener Aussage auf US-Außenminister Antony Blinken. »Wir sehen uns derzeit aktiv die Frage von Flugzeugen an, die Polen an die Ukraine liefern könnte«, hatte der amerikanische Chefdiplomat in Moldau gesagt.

Was bezweckte Polen mit dem Vorstoß?

In der aktuellen Lage geht es stets auch darum, Druck und eine Drohkulisse gegenüber Russland aufzubauen. »Strategische Kommunikation« kann in diesem Sinne wie eine Art Bombe gezündet werden. Allerdings deutet nach der polnischen Erklärung vieles auf Kommunikation aus Verärgerung hin oder auf einen Riss im Bündnis.

Bundeskanzler Olaf Scholz lehnte den Vorschlag gleich ab und sagte am Mittwoch, zu den konkreten Schritten »gehören ganz sicherlich keine Kampfflugzeuge«. Das US-Verteidigungsministerium bezeichnete den überraschenden Vorschlag Polens vorher schon als »nicht haltbar« - mit Hinweis auf »schwierige logistische Herausforderungen« und »ernsthafte Bedenken« wegen der geopolitischen Dimension.

»Uns ist schlicht nicht klar, ob es eine stichhaltige Begründung für die gestern vorgeschlagene Vorgehensweise gibt«, sagte US-Außenminister Antony Blinken in Washington bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit seiner britischen Kollegin Liz Truss. Die Entscheidung über eine Weitergabe militärischer Ausrüstung an die Ukraine müsse jede Regierung für sich alleine treffen.

Jakub Kumoch, außenpolitischer Berater von Polens Präsident Andrzej Duda, ließ am Mittwoch erkennen, worum es Polen geht. Äußerungen westlicher Politiker seien »unglücklich« gewesen. Man habe sich der ukrainischen Seite erklären müssen, die gedacht habe, Polen würde blockieren. Kumoch sagte, deutlich sei nun: »Die USA wollen nicht, dass diese Flugzeuge auf amerikanischen Basen landen.«

© dpa-infocom, dpa:220309-99-453489/3