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Drei-Meere-Initiative will Ukraine enger an Europa binden

Europa ist ohne die Ukraine nach Ansicht der Staaten Mittel- und Osteuropa nicht vollständig. Daher soll das kriegsgeplagte Land stärker angebunden werden - zumindest an deren eigene Initiative für eine engere Zusammenarbeit.

Drei-Meere-Initiative
Die Drei-Meere-Initiative ist ein Zusammenschluss von zwölf EU-Mitgliedstaaten zwischen Adria, Ostsee und Schwarzem Meer. Foto: Britta Pedersen
Die Drei-Meere-Initiative ist ein Zusammenschluss von zwölf EU-Mitgliedstaaten zwischen Adria, Ostsee und Schwarzem Meer.
Foto: Britta Pedersen

Die Drei-Meere-Initiative von zwölf mittel- und osteuropäischen EU-Staaten will die Ukraine enger an Europa anbinden.

Die Staats- und Regierungschefs entschieden bei einem Gipfeltreffen in Riga, dass sich der von Russland angegriffene Staat als Partnerland an der Initiative beteiligen kann. Dafür hatte zuvor auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geworben, der sich an die Teilnehmer - darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier - per Video wandte.

»Wir haben heute beschlossen, die Ukraine einzuladen, sich an allen Projekten zu beteiligen, die im Rahmen der Drei-Meere-Initiative durchgeführt werden«, sagte der Gastgeber, Lettlands Präsident Egils Levits, nach dem Treffen. In dessen Mittelpunkt standen die Folgen des Krieges und die Unterstützung für die Ukraine. Die zwölf zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer gelegenen EU-Mitglieder machten sich auch dafür stark, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu verleihen.

Die EU-Kommission hatte am Freitag empfohlen, die Ukraine und Moldau offiziell zu Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union zu ernennen. Die Entscheidung hierüber müssen nun die Regierungen der 27 EU-Staaten treffen. Das Thema soll beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag in Brüssel beraten werden.

»Widerstandsfähigkeit in verschiedenen Bereichen erhöhen«

Die Drei-Meere-Initiative wurde 2015 von Polen und Kroatien ins Leben gerufen. Das informelle Forum ist nach Einschätzung von Steinmeier heute wichtiger denn je. Die Absicht, den Raum zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer zu entwickeln und stärker zu vernetzen, »klang in der Vergangenheit vielleicht für viele Ohren etwas abstrakt«, sagte der Bundespräsident in Riga. Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine sei auch denen, die die Initiative bisher eher gleichgültig beobachtet hätten, das Notwendige klar: »Wir müssen gemeinsam unsere Widerstandsfähigkeit in verschiedenen Bereichen erhöhen.«

Bei einem parallel stattfindenden Wirtschaftsforum der Initiative ging es auch um Fragen von Energie, Transport und Digitalisierung. »Wir haben keinerlei Zweifel daran, dass die weitere Stärkung der Infrastrukturverbindungen zwischen unseren Ländern unsere Prioritäten sind und umgesetzt werden müssen«, betonte Polens Präsident Andrzej Duda. Besonders wichtig sei die Straßen- und Schienenanbindung.

Steinmeier führte am Rande des Gipfel Vier-Augen-Gespräche mit Duda und seinem estnischen Kollegen Alar Karis. Mit Duda war es das erste Gespräch seit dem Treffen beider Präsidenten im April in Warschau. Dabei war Steinmeier von der kurzfristigen Ausladung durch die Ukraine für eine Reise gemeinsam mit Duda und den drei baltischen Staatschefs nach Kiew überrascht worden. Polen hatte diese Reise organisiert. Der Vorgang hatte zu erheblicher Verstimmung auf deutscher Seite geführt, die inzwischen aber als ausgeräumt gilt.

Der Drei-Meere-Initiative gehören die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die Visegrád-Staaten Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn, die Schwarzmeerländer Bulgarien und Rumänien, die Adria-Anrainer Slowenien und Kroatien sowie Österreich an. Deutschland ist Partnerland der Initiative und unterstützt viele Projekte finanziell.

© dpa-infocom, dpa:220620-99-730624/4