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Diskussion um geplante Lockerungen bei Corona-Quarantäne

Im Kampf gegen die Pandemie dreht die Politik gerade an mehreren Stellschrauben. Ab Sonntag fallen viele Alltagsbeschränkungen weg, auch bei der Quarantäne wird nachjustiert. Das Echo ist durchwachsen.

»Abstand schützt«
»Abstand schützt« steht auf Tischen im Außenbereich eines Lokals auf dem Frankfurter Römerberg. Foto: Frank Rumpenhorst
»Abstand schützt« steht auf Tischen im Außenbereich eines Lokals auf dem Frankfurter Römerberg.
Foto: Frank Rumpenhorst

In der Corona-Krise rücken Lockerungen bei den Quarantäneregeln näher - auch um massenhafte Personalausfälle bei hohen Infektionszahlen zu vermeiden.

Nach einem Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert Koch-Instituts (RKI) könnten die Absonderungen für Infizierte und für Kontaktpersonen von Infizierten auf fünf Tage verkürzt und nicht mehr streng gehandhabt werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßte die Pläne, zu denen zunächst noch die Länder Stellung nehmen können. Von Patientenschützern kamen dagegen scharfe Warnungen. Neue Regeln könnten laut Ministerium dann in der nächsten Woche kommen.

KBV-Vorstandschef Andreas Gassen sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag: »Die Omikron-Welle bringt zwar sehr viele Ansteckungen mit sich, die aber weit überwiegend leicht verlaufen.« Vor diesem Hintergrund komme der Vorschlag für neue Quarantäneregeln zur richtigen Zeit. »Wir würden ansonsten Gefahr laufen, dass wichtige Infrastruktur in Deutschland lahmgelegt würde.«

Taktieren ist »hochgefährlich«

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte es besorgniserregend, dass Personalengpässe die politische Diskussion beflügelten. »Für Kranke, Pflegebedürftige und vulnerable Menschen ist ein solches Taktieren hoch gefährlich«, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Schon eine geringe Viruslast bei Pflegenden und Unterstützenden habe für die verwundbare Gruppe fatale Auswirkungen. »Die Verkürzung der Quarantäne-Zeit darf in der Altenpflege nicht zum russisch Roulette für die hilfsbedürftigen Menschen werden.«

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte der dpa: »Wenn es wissenschaftlich nachvollziehbar und gesundheitlich unbedenklich ist, ist eine Verkürzung der Quarantäne und Isolationszeit auf jeden Fall richtig.« Es müsse alles getan werden, damit Ausfälle in der kritischen Infrastruktur reduziert würden. Gleichzeitig gelte das Hauptinteresse der Gesundheit der Patienten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte dem »Münchner Merkur« (Freitag), es sollten »Beschäftigte, die klinisch gesund sind und bei denen keine Ansteckungsgefahr besteht, jedenfalls bei extremer Personalnot in den Krankenhäusern von der Isolation ausgenommen werden«.

Verkürzte Quarantäne

Nach dem vom Ministerium an die Länder geschickten Vorschlag sollen die Absonderungen generell verkürzt werden. Sie dauern bisher in der Regel zehn Tage und können mit einem negativen Test nach sieben Tagen beendet werden. Eine formelle Anordnung des Gesundheitsamtes, die häufig jetzt schon nicht mehr erfolgt, soll künftig entfallen.

Konkret könnten Isolierungen, wenn man selbst infiziert ist, künftig noch fünf Tage dauern. Empfohlen werden soll, freiwillig Kontakte zu reduzieren und - beginnend nach fünf Tagen - wiederholt Tests oder Selbsttests zu machen. Es soll »keine strenge Isolierung« vorgegeben werden, wie es in einem der dpa vorliegenden Konzeptschema heißt.

Auch die Quarantäne für Kontaktpersonen von Infizierten soll dem Vorschlag zufolge künftig noch fünf Tage dauern und muss nicht mehr eine »strenge Quarantäne« sein. Empfohlen werden soll, freiwillig Kontakte zu reduzieren und sich täglich zu testen.

Für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen und der Pflege soll demnach ebenfalls die Fünf-Tage-Regel gelten. Für das Beenden einer Isolierung wegen einer Infektion sieht der Vorschlag vor, dass man zuvor 48 Stunden ohne Symptome sein muss. Zudem soll man einen negativen Test vorlegen müssen, der frühestens am fünften Tag abgenommen werden kann.

Befürchtungen gibt es weiter

Kurz vor dem Wegfall der meisten Alltagsauflagen in Deutschland gibt es weiter Diskussionen. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sagte bei RTL/ntv, man müsse befürchten, dass die Ansteckung vieler Menschen mit dem Ende der Maßnahmen beschleunigt werde. »Weil dann einfach das Virus es deutlich einfacher hat, sich auszubreiten.« Auch die Osterferien könnten das Infektionsgeschehen anfachen. »Und in Kombination kann das schon bedeuten, dass wir damit diese Welle noch mal etwas verlängern, etwas mehr verschleppen.«

Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz sind den Ländern ab diesem Sonntag nur noch wenige allgemeine Schutzvorgaben etwa zu Masken in Kliniken, Pflegeheimen, Bussen und Bahnen sowie Tests beispielsweise in Schulen möglich. Weitergehende Auflagen auch mit Maskenpflichten etwa in Geschäften oder Schulen können sie in regionalen Hotspots verhängen, wenn das Landesparlament für diese eine drohende kritische Corona-Lage feststellt. Von den 16 Ländern machen davon aber vorerst nur Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg Gebrauch. In Berlin sollten die meisten bisherigen Beschränkungen schon am Donnerstag auslaufen.

© dpa-infocom, dpa:220331-99-747302/2