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Demos gegen »Mietenwahnsinn« - Diskussion über Enteignungen

In großen Städten steigen die Mieten in atemberaubenden Tempo. Gegen den »Mietenwahnsinn« wollen am Samstag bundesweit Tausende auf die Straße gehen. In Berlin geht eine Initiative noch weiter.

Gegen steigende Mieten
»Keine Rendite mit der Miete« steht auf dem Plakat, mit dem Demonstranten gegen steigende Mieten im Berliner Stadtteil Kreuzberg protestieren (Archivbild). Foto: Maurizio Gambarini
»Keine Rendite mit der Miete« steht auf dem Plakat, mit dem Demonstranten gegen steigende Mieten im Berliner Stadtteil Kreuzberg protestieren (Archivbild). Foto: Maurizio Gambarini

Berlin (dpa) - Gegen rasant steigende Mieten wollen heute in mehreren deutschen Städten Tausende Menschen demonstrieren.

Die größte Veranstaltung am deutschlandweiten Aktionstag von Mietervereinen und Protestinitiativen wird in Berlin erwartet, hier sind offiziell 6000 Teilnehmer zu einer Kundgebung unter dem Motto »Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn« angemeldet. Vor einem Jahr waren es bei der ersten großen Protestaktion dieser Art nach Angaben der Polizei mehr als 10.000 Teilnehmer. Demonstrationen sind am Vormittag auch in München, Mannheim, Stuttgart, Köln, Frankfurt, Leipzig und Dresden geplant.

In Berlin beginnt am Vormittag auch das Sammeln von Unterschriften für ein Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungskonzernen. Die Initiatoren fordern, dass Firmen mit mehr als 3000 Wohnungen enteignet werden. Das Bundesland Berlin soll diese Wohnungen dem Eigentümer zwangsweise abkaufen. Nach Schätzungen des Senats würde das mehr als 30 Milliarden Euro für das schon jetzt hoch verschuldete Land kosten.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Demonstrationen. »Die allermeisten Vermieter sind fair und schöpfen oft die gesetzlichen Möglichkeiten für Mieterhöhungen nicht mal aus«, sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Den Initiatoren des Volksbegehrens warf er vor, sie missbrauchten das Thema »für uralte und auch schon gescheiterte sozialistische Experimente«. Das Hauptproblem seien nicht private Immobilienunternehmen, es sei vielmehr der Staat, der immer höhere Anforderungen an Neubauten stelle, aber nicht in der Lage sei, schnell Baugenehmigungen zu erteilen.

Einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zufolge sind die von privaten Vermietern verlangten Mieten in den vergangenen Jahren am stärksten gestiegen. Während sie in kommunalen Wohnungen seit 2013 kaum und bei Genossenschaften sehr moderat angehoben worden seien, reagierten private Vermieter stärker auf Wohnungsknappheit, heißt es in der Studie, die den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. Demnach lag die Differenz zwischen privaten und kommunalen Wohnungsunternehmen 2013 bei 0,70 Euro je Quadratmeter, 2017 habe sie schon 1,30 Euro betragen.

Besonders im Visier der Initiatoren des Volksbegehrens ist der börsennotierte Konzern Deutsche Wohnen, der in Berlin rund 112.000 Wohnungen besitzt und wegen seines Umgangs mit Mietern häufig in der Kritik steht. Vorstandschef Michael Zahn äußerte im Funke-Interview zwar Verständnis für die Sorgen Wohnungssuchender. »Der Wohnungsmarkt in Berlin ist eng. Menschen, die Wohnungen suchen, stehen oftmals vor großen Problemen. Das muss man ernst nehmen«, sagte Zahn. Allerdings werde die Debatte »sehr populistisch und ideologisch« geführt. Zahn forderte einen Verzicht auf die Umsatzsteuer bei Bauleistungen und eine einkommensabhängige Unterstützung finanziell schwächerer Mieter.

Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete Wohnen als Grundrecht und Wohnungsnot als »sozialen Sprengstoff«. »Wir fordern eine Mietengarantie, die ein weiteres Explodieren der Mietkosten verhindert«, sagte Göring-Eckardt der »Passauer Neuen Presse« (Samstag). Sie verlangte ferner ein Sofortprogramm, um schnell viele bezahlbare Wohnungen zu bauen. Der Bund solle dafür drei Milliarden Euro jährlich bereitstellen und zur Finanzierung auf das Baukindergeld verzichtet werden, forderte Göring-Eckardt.