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Corona-Inzidenz erstmals über 1000: Was bedeutet das in Omikron-Zeiten?

Und wieder sind bisherige Höchstmarken Geschichte: Das Robert Koch-Institut weist erstmals eine bundesweite Inzidenz von mehr als 1000 aus. Was sagt die Zahl in Omikron-Zeiten noch aus?

Omikron-Variante
Die Omikron-Variante(B.1.1.529) war zuerst im südlichen Afrika nachgewiesen worden. Foto: Gonchar/dpa
Die Omikron-Variante(B.1.1.529) war zuerst im südlichen Afrika nachgewiesen worden.
Foto: Gonchar/dpa

BERLIN. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz hat zum ersten Mal in der Corona-Pandemie die Schwelle von 1000 überschritten. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Donnerstagmorgen mit 1017,4 an.

Das bedeutet rein rechnerisch, dass auf mehr als jeden 100. Menschen eine positive Corona-Meldung innerhalb von sieben Tagen entfällt. Das Vormonatsniveau lag bei weniger als einem Viertel davon. Ein Rekord ist auch bei der Zahl der gemeldeten Neuinfektionen innerhalb eines Tages erreicht: mit erstmals mehr als 200.000.

Kliniken stellen sich auf zahlreiche neue Patienten ein, wobei ein Verzug von sieben bis zehn Tagen angenommen wird, wie der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, im ZDF-»Morgenmagazin« sagte. »Das heißt, wir werden auch in den kommenden Tagen und wahrscheinlich Wochen eine hohe Dynamik neuer Zugänge in die Krankenhäuser erleben.« Hinzu komme, dass Personal wegen eigener Ansteckungen ausfalle. Das belaste die Krankenhäuser.

Normalstationen das neue Nadelöhr

Mit der Omikron-Variante gelten im Unterschied zu den bisherigen Wellen weniger die Intensivstationen als das Nadelöhr. Vielmehr wird mit einer verstärkten Belastung auch von Normalstationen gerechnet. Bei den Patientenzahlen auf Intensivstationen sehe man derzeit eher eine Seitwärtsbewegung, sagte der Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis. Auf individueller Ebene mache Omikron den Patienten wahrscheinlich weniger krank. »Das heißt, wir haben auch mehr Patienten auf den Intensivstationen, die sich nicht mit einem ganz schweren Lungenversagen vorstellen.« Das Patientenkollektiv werde sich in den nächsten Wochen noch weiter verändern.

Karagiannidis erneuerte seine Kritik am mangelnden tagesaktuellen Überblick zu Krankenhausbetten in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen, wo es solche Erhebungen gebe, sehe man zum Beispiel einen »deutlichen, sprunghaften Anstieg der Krankenhauspatienten«. Darunter seien sicher auch Fälle mit weniger hoher Krankheitsschwere - dennoch müsse aber jeder Infizierte isoliert werden, was eine Belastung darstelle.

Die Zahl der Krankenhauseinweisungen in Zusammenhang mit Corona ist nach RKI-Schätzungen zuletzt gestiegen, liegt aber noch deutlich unter den Werten auf dem Höhepunkt der vierten Welle.

Untererfassung steigt

Bei den reinen Fallzahlen gehen Fachleute von einer hohen und weiter steigenden Untererfassung aus. Das heißt, immer mehr Infizierte tauchen nicht in der Statistik auf, etwa weil die dafür maßgeblichen PCR-Tests knapp und die Gesundheitsämter vielerorts am Limit sind. Für das Land Berlin, das derzeit mit mehr als 1800 die bundesweit höchste Sieben-Tage-Inzidenz aufweist, sprach Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am Mittwoch von rund 29.000 noch nicht ins System eingepflegten Fällen. Das RKI hatte bereits vorige Woche erklärt: Die Maximalhöhe der Omikron-Welle in Deutschland könne durch Meldedaten voraussichtlich nicht genau bemessen werden.

»Die zunehmende Untererfassung bedeutet aber nicht, dass die Inzidenz unwichtig wird«, sagte der Amtsarzt von Berlin-Neukölln, Nicolai Savaskan, am Donnerstag. Es bleibe ein wichtiger Indikator, aus dem abgeleitet werden könne, was bevorsteht: etwa in Hinblick auf Krankenhauseinweisungen. Auch für die Planung von Maßnahmen bleibe der Blick auf die Entwicklung der Inzidenz relevant.

Weniger Tests, weniger Fälle

Bisher grassiert das Virus den RKI-Daten zufolge besonders stark in den Altersgruppen unter 35 Jahren. Bei Kindern und Jugendlichen im Alter von fünf bis 14 liegt die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei knapp 2600. Dass Menschen ab 60 Jahren bisher weniger als 300 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner und Woche aufweisen, könnte zu einem gewissen Grad auch mit der Testhäufigkeit zusammenhängen. Insbesondere geimpfte Erwachsene werden seltener getestet als etwa Schüler. Experten rechneten aber mit einem Anstieg auch bei Älteren.

Obwohl in Dänemark ebenfalls Rekordwerte an Neuinfektionen Tag für Tag erreicht werden, will das Land künftig fast ohne Corona-Maßnahmen auskommen. So müssen die Dänen ab kommender Woche an den meisten Orten keine Masken mehr tragen oder Impfnachweise zeigen. Den Schritt begründete Ministerpräsidentin Mette Frederiksen unter anderem mit der hohen Impfbereitschaft. Omikron rufe seltener schwere Krankheitsverläufe hervor und die Zahl der Krankenhauseinweisungen sei verhältnismäßig gering. In Dänemark haben rund 82,5 Prozent (Stand Mittwoch) der Gesamtbevölkerung eine erste Impfdosis erhalten. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 75,6 Prozent (Stand Donnerstag). (dpa)

Robert Koch-Institut: COVID-19-Dashboard

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