BERLIN.Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher sieht nach der Wahl eines neuen Parteivorsitzenden keinen Zeitdruck bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union.
»Wir haben eine Kanzlerin, die einen richtig guten Job macht. Der Fokus sollte erstmal bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie liegen«, sagte Breher der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »In Anbetracht der derzeitigen Situation kann ich mir durchaus vorstellen, dass vereinbart wird, über die Kanzlerkandidatur nicht vor dem Frühjahr zu entscheiden«, ergänzte sie.
Die CDU will den Nachfolger von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei einem Online-Parteitag am 16. Januar mit anschließender Briefwahl bestimmen. Neben NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wollen auch Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen die CDU führen. Am 14. März gibt es in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen. Gehen diese für die CDU verloren, fürchten manche in der Union, dies könne für den neuen CDU-Vorsitzenden eine Bürde im Bundestagswahlkampf sein.
Der neue CDU-Vorsitzende werde rasch Gespräche mit CSU-Chef Markus Söder führen, sagte Breher. »Dann wird man einen gemeinsamen Fahrplan entwickeln.« In Umfragen zur Frage der Kanzlerkandidatur liegt Söder in der Regel vor allen drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz.
Auf die Frage, ob die Zeit für den Wahlkampf noch ausreiche, wenn die Union ihren Kanzlerkandidaten erst in einigen Monaten bestimme, sagte Breher: »Wir wählen zunächst einen neuen Vorsitzenden und werden mit der CSU den zeitlichen Rahmen abstimmen. Die Arbeit an den Inhalten und Positionen für die Bundestagswahl setzen wir gemeinsam mit dem neuen Vorsitzenden fort.« Im Mittelpunkt des Interesses werde bei der Bundestagswahl im September der Inhalt stehen, für den der Kandidat und die Unionsparteien stünden.
Mit Spannung erwartet Breher, wie die drei Kandidaten mit dem Format eines Online-Parteitages zurechtkommen. Merz, Laschet und Röttgen werden sich am 16. Januar in jeweils etwa 15-minütigen Reden in einer Art Studio den 1001 Delegierten an deren Computerbildschirmen zu Hause präsentieren. »Da hat man als Kandidat keine Chance, über die Stimmung im Saal die Wahlentscheidung der Delegierten noch zu ändern.« Die Stimmung, die beim Präsenz-Parteitag etwa durch applaudierende Delegierte entstehen könne, fehle beim digitalen Parteitag. Die Kandidaten müssten rein über den Inhalt ihrer Reden überzeugen. »Das ist eine ganz besondere Herausforderung«, sagte Breher.
Sie erwarte, dass sich viele Delegierte schon vor dem Parteitag auf einen Kandidaten festlegen, sagte die niedersächsische Bundestagsabgeordnete. Einzelne hätten aber bereits deutlich gemacht, dass sie die Entscheidung in letzter Sekunde anhand der Reden von Laschet, Merz und Röttgen treffen würden. »Vielleicht ist das Ergebnis dann aber auch ehrlicher, weil jeder auf sich selbst gestellt ist und sich nicht von dem Gefühl der Sitznachbarn bei einem Präsenzparteitag beeinflussen lassen kann«, sagte Breher. (dpa)