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Bundesregierung: Ausbildung von Soldaten kein Kriegseintritt

Wird Deutschland mit der Waffenausbildung für Ukrainer Kriegspartei? Kritiker der deutschen Hilfe sehen sich durch ein Gutachten von Rechtsexperten des Bundestags bestätigt. Zu Recht?

Bundeswehrmanöver
Die Bundeswehr übt mit Schützenpanzern des Typs »Marder« an der Elbe in Sachsen-Anhalt. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Die Bundeswehr übt mit Schützenpanzern des Typs »Marder« an der Elbe in Sachsen-Anhalt.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

Die Bundesregierung geht davon aus, dass Deutschland mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten völkerrechtlich betrachtet nicht zur Kriegspartei wird.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Regierungssprecher Steffen Hebestreit widersprachen am Montag einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das bei einer solchen Militärausbildung ein gewisses völkerrechtliches Risiko nicht ausschließt.

Sie teile diese Einschätzung nicht, sagte die SPD-Politikerin nach einem Truppenbesuch in Wunstorf bei Hannover. »Ich gehe davon aus, dass weder diese Ausbildung dazu führt noch die Lieferung von Waffen, sondern wenn wir Soldatinnen und Soldaten entsenden würden in die Ukraine, das wäre ein ganz klares Zeichen. Das werden wir aber auch nicht tun. Das wird nicht geschehen.«

Hebestreit sagte in Berlin, jedem sei klar, dass man sich immer wieder in einer schwierigen Abwägung befinde. »Unsere Überzeugung ist, dass auch die Ausbildung von ukrainischen Soldaten in Deutschland an Waffensystemen weiterhin keinen direkten Kriegseintritt bedeutet.« Lambrecht hatte vergangene Woche die Ausbildung von Soldaten aus der Ukraine an Artilleriesystemen auf deutschem Boden angekündigt.

Völkerrechtler: Einzelfall entscheidet

Das Gutachten, über das zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete, stammt bereits vom 16. März und wurde damit zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, bevor die Bundesregierung sich zur Lieferung schwerer Waffen entschlossen hat. Es stellt fest, dass militärische Hilfe für einen angegriffenen Staat erlaubt ist. »Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen«, stellt das Gutachten dann sehr vorsichtig fest. Es verweist als Quelle dazu nur auf ein einzelnes Interview mit einem Völkerrechtler in der »Neuen Zürcher Zeitung« vom 13. März. Darin weist dieser darauf hin, dass es auch auf den konkreten Einzelfall ankomme.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags unterstützen nach eigenen Angaben die Abgeordneten bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Bundestags, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasser.

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler warnte vor einer möglichen Ausweitung des Krieges auf das Nato-Gebiet und verwies auf das Gutachten. »Wir wissen, dass sich Atommächte gegenüberstehen und dass das die Rutschbahn in den Dritten Weltkrieg sein könnte«, sagte Wissler in Berlin. Die Entscheidung der Bundesregierung, die Ukraine nun doch mit schweren Waffen zu unterstützen, könne dazu führen, dass der Konflikt »gefährlich nah an die Nato-Grenze« rücke.

© dpa-infocom, dpa:220502-99-126669/4