Brasília (dpa) - Angesichts der zu Tausenden lodernden Feuer im Amazonasgebiet hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro ein hartes Durchgreifen gegen Brandstifter angekündigt.
»Wir sind eine Regierung der Null-Toleranz-Politik gegenüber der Kriminalität, und im Bereich der Umwelt ist das nicht anders«, sagte der Staatschef am Freitagabend (Ortszeit) in einer Fernsehansprache. »Wir werden entschlossen handeln, um die Feuer unter Kontrolle zu bringen.«
Betroffene Bundesstaaten könnten zudem die Unterstützung des Militärs erbitten. Bolsonaro unterzeichnete am Freitag ein Dekret, das den Einsatz der Streitkräfte im Brandgebiet vorsieht. Was genau die Soldaten tun sollen, bestimmen demnach die Regionalgouverneure. Das Dekret erlaubt sowohl die Hilfe bei der Brandbekämpfung als auch »vorbeugende und repressive Maßnahmen gegen Umweltverbrechen«.
»Der Schutz des Waldes ist unsere Pflicht. Wir sind uns dessen bewusst und arbeiten daran, die illegale Entwaldung und andere kriminelle Aktivitäten, die unser Amazonasgebiet gefährden, zu bekämpfen«, sagte Bolsonaro.
In Brasilien wüten derzeit die schwersten Waldbrände seit Jahren. Seit Januar nahmen die Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 83 Prozent zu. Insgesamt wurden mehr als 70 000 Brände registriert. Experten zufolge legen meist Farmer die Feuer, um neue Weideflächen zu schaffen.
Auch auf dem G7-Gipfel der führenden Industrienationen im französischen Biarritz soll das Thema am Wochenende zur Sprache kommen. Die Europäer machen angesichts der Brände Druck auf Bolsonaro: Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte am Freitag an, das jüngst ausgehandelte Mercosur-Freihandelsabkommen zwischen der EU und den vier Mitgliedsländern des südamerikanischen Staatenbunds abzulehnen. Bolsonaro verbat sich indes die Einmischung in innere Angelegenheiten seines Landes. »Waldbrände gibt es auf der ganzen Welt«, sagte der Präsident im Fernsehen. »Das kann nicht als Vorwand für mögliche internationale Sanktionen dienen.«
In den Großstädten Rio de Janeiro und São Paulo gingen zahlreiche Menschen gegen die Umweltpolitik der brasilianischen Regierung auf die Straße. »Es gibt keine Entwicklung ohne Sauerstoff«, war auf einem Protestplakat zu lesen. Auf einem anderen stand: »Lasst das Grün nicht Grau werden.« Die 16-jährige Schülerin Natália Magalhães sagte dem Nachrichtenportal G1: »Als ich sah, dass das Amazonasgebiet in Flammen steht, dachte ich zuerst, dass die Welt untergeht. Die Amazonasregion ist das Herz der Welt. Ich musste kommen, um etwas zu tun.«
In vielen Städten wurde Bolsonaros Ansprache von sogenannten Panelaços begleitet. Bei dieser in Lateinamerika weit verbreiteten Protestform schlagen die Menschen lautstark auf Töpfe oder Pfannen, um ihren Unmut zu bekunden.
Umweltschützer werfen Bolsonaro vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zu immer mehr Abholzung und Brandrodung ermutigt sehen. Der Staatschef hat immer wieder klar gemacht, dass er die Amazonasregion vor allem mit ungenutztem wirtschaftlichen Potenzial verbindet.
»Man muss bedenken, dass in dieser Region mehr als 20 Millionen Brasilianer leben, die seit Jahren auf eine wirtschaftliche Entwicklung warten, die dem dort vorhandenen Reichtum entspricht«, sagte Bolsonaro auch nun wieder. »Dieser Bevölkerung muss die Möglichkeit gegeben werden, sich gemeinsam mit dem Rest des Landes zu entwickeln.«
Da der Amazonasregenwald große Mengen CO2 bindet und für den Kampf gegen den Klimawandel von globaler Bedeutung ist, sorgen die Brände auf der ganzen Welt für Bestürzung. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez bot den von den Bränden betroffenen Ländern Hilfe an. In Telefonaten mit den Präidenten von Brasilien, Bolivien, Paraguay und Argentinien habe er diesen unter anderem materielle Mittel aus Spanien für die Brandbekämpfung angeboten, teilte die Regierung in Madrid am Freitagabend mit. Spanien sei sehr besorgt über die Situation der Feuer, die die »Lunge des Planeten«, eine Region »von unschätzbarem Wert«, bedrohten.