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Bibliotheken spüren Versuche der Beeinflussung

Berlin (dpa) - Die Bibliotheken in Deutschland erleben ein neues Phänomen: »Es gibt von Links wie von Rechts Versuche, Buchbestände oder Veranstaltungen von Bibliotheken im jeweils politischen Sinne zu beeinflussen«, sagte Andreas Degkwitz, der Bundesvorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbands.

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Besucher einer Stadtbibliothek informieren sich an einem Computer. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa/Illustration
Besucher einer Stadtbibliothek informieren sich an einem Computer. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa/Illustration

Die Bibliothekare und Bibliothekarinnen bemühten sich sehr um ausgewogene Bestände und Veranstaltungen. Doch dies werde durchaus kritisiert, so Degkwitz in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

»Das bewegt sich zwar im einstelligen Prozentbereich. Aber dass es überhaupt dazu kommt, das ist für uns schon etwas Neues, dem wir selbstverständlich entgegenwirken. Dafür brauchen wir aber auch politische Unterstützung.«

Degkwitz verweist auf die gesellschaftliche Bedeutung von Bibliotheken. In den Kommunen und Städten gebe es Orte wie Büchereien immer weniger. »Ich hatte neulich mal ein Gespräch mit einer Bekannten, die sagte mir: In unserem Vorort sind inzwischen die Banken durch Geldautomaten ersetzt worden. Es gibt einen Supermarkt, alle kleinen Geschäfte sind weg. Was noch geblieben ist, ist die Bibliothek. Das ist nun eigentlich der einzige öffentliche Ort, wo man noch hingehen kann, um jemanden zu treffen.«

Laut den jüngsten Erhebungen des Verbands ist die Zahl der Bibliothekenbesuche in Deutschland 2018 auf 220 Millionen leicht gestiegen. 2017 waren es 218 Millionen Besuche. Rund 340 Millionen Bücher, Filme und Musiktitel wurden 2018 ausgeliehen. Belletristik wird laut Degkwitz im Regelfall gerne in gedruckten Büchern gelesen. Fachbücher oder Reiseführer gibt es demnach oft digital.

In den Kommunen und Städten gebe es Orte wie Büchereien immer weniger, so Degkwitz. »Ich hatte neulich mal ein Gespräch mit einer Bekannten, die sagte mir: In unserem Vorort sind inzwischen die Banken durch Geldautomaten ersetzt worden. Es gibt einen Supermarkt, alle kleinen Geschäfte sind weg. Was noch geblieben ist, ist die Bibliothek. Das ist nun eigentlich der einzige öffentliche Ort, wo man noch hingehen kann, um jemanden zu treffen.«

Degkwitz hat dabei die alternde Gesellschaft im Blick. »Diese Einsamkeit, die sich im Alter einstellt, ist erschreckend. Das wird ein großes Problem für uns werden mit den vielen Menschen, die alleine leben.« Eine Bibliothek sei eine unkomplizierte Möglichkeit, einen Platz zu bekommen, zu lesen, sich zu unterhalten und zu schauen, was rundherum passiert. »Das fehlt vielen Menschen«, sagte Degkwitz (63), der Direktor der Universitätsbibliothek der Humboldt Universität zu Berlin ist.

Als Herausforderung sieht er, dass viele Bibliotheken in Deutschland ehrenamtlich geführt seien. »5500 von 8700 Standorten öffentlicher Bibliotheken werden ehrenamtlich betreut.« Es sei großartig, dass so viele Menschen bereit seien, eine solche Aufgabe als Ehrenamt zu übernehmen. »Zugleich müssen wir darauf hinwirken, dass genügend Expertise und Qualifikation vor Ort verfügbar ist.«

In Bibliotheken spiegelt sich auch die Gesellschaft, etwa, wenn sich dort Obdachlose aufhalten. »Was meine Bibliothek betrifft, versucht man, so großzügig wie möglich zu sein«, sagt Degkwitz. »Aber wenn es dann so ist, dass Menschen alkoholisiert in die Bibliothek kommen, und sich dort irgendwo hinlegen und schlafen, dann haben wir laut Hausordnung die Möglichkeit, sie des Hauses zu verweisen oder zu wecken. Wir wollen als Bibliothek nicht die Wärmestube der Stadt sein.«

Gerade jetzt in der beginnenden Winterzeit sei das immer wieder ein Thema, so der Berliner Uni-Bibliothekschef. »Wir sind in unmittelbarer Nähe der S-Bahn-Brücken. Wir haben da schon viel erlebt. Das fängt an mit Geruchsentwicklung bis hin zu Pöbeleien und manchem Anderen. Das ist leider ein unerfreuliches, aber auch schwierig zu lösendes Thema: Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, als würden wir ständig die Polizei holen.«