BERLIN. Mehr als 112.000 Familien wollen bisher mit dem Baukindergeld ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen. Anders als oft kritisiert, erreicht die staatliche Förderung dabei tatsächlich viele Familien mit geringen Einkommen und kleinen Kindern.
Das zeigt eine Auswertung des Innenministeriums, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Rund 43.000 Familien haben demnach bis Ende Juni bereits das erste Geld beziehungsweise eine Auszahlungsbestätigung bekommen. Die zuständige KfW-Bankengruppe ist noch dabei, den Stau der Gesuche abzuarbeiten.
Das Baukindergeld ähnelt der früheren Eigenheimzulage. Seit dem vergangenen Jahr winkt für den Bau eines Hauses oder den Kauf einer Immobilie damit über zehn Jahre ein staatlicher Zuschuss von 1200 Euro je Kind - also 12.000 Euro insgesamt. Bei mehr Kindern gibt es entsprechend mehr Geld. Letztmalig beantragt werden kann das Baukindergeld, wenn am 31. Dezember 2020 eine Baugenehmigung erteilt oder ein Kaufvertrag unterschrieben wird.
Gewährt wird der Zuschuss für Familien und Alleinerziehende bis zu einer Grenze von 90.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen im Jahr bei einem Kind. Bei größeren Familien liegt die Grenze höher. Man muss mit den Kindern selbst in dem Haus oder der Wohnung wohnen - außerdem darf man die Immobilie nicht von direkten Verwandten wie Eltern oder Großeltern kaufen und der Zuschuss kann nur einmal beantragt werden.
Die Bundesregierung hat über drei Jahre ein Fördervolumen von fast zehn Milliarden Euro vorgesehen - damit ist das Baukindergeld eins der größten Projekte der großen Koalition aus Union und SPD, um Familien den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Bis Ende Juni waren nach Zahlen der KfW-Bankengruppe bereits rund 2,33 Milliarden Euro verplant.
Wenn das Geld aufgebraucht ist, schießt der Bund nach bisherigen Plänen nicht nach. Stattdessen gilt das sogenannte Windhund-Prinzip: Wer die Förderung zuerst beantragt, bekommt auch zuerst Geld. Wenn der Topf leer ist, gehen die restlichen Antragsteller leer aus.
Die Anträge können online über das KfW-Zuschussportal gestellt werden. Dort kann man inzwischen auch Dokumente wie Einkommensteuerbescheide, Meldebescheinigungen und Grundbuchauszüge hochladen. Die meisten Anträge kamen nach KfW-Angaben bisher aus Nordrhein-Westfalen (24 719, Stand 30. Juni), aus Baden-Württemberg (15 097) und aus Bayern (14 768) - die wenigsten aus den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen sowie aus dem Saarland.
Unter den 43.000 Familien, die schon Geld bekommen haben, sind nach Angaben des Innenministeriums viele mit geringem Einkommen. Rund 60 Prozent der bisherigen Baukindergeld-Empfänger hätten vor Steuern ein Haushaltseinkommen von maximal 40.000 Euro, rund 40 Prozent sogar nicht mehr als 30.000 Euro. Außerdem erreiche die Förderung vorrangig junge Familien mit kleinen Kindern. Jede dritte Familie hat Kinder unter zwei Jahren, zwei Drittel der Familien Kinder im Vorschulalter.
Damit werden Vorwürfe von Opposition und Verbänden widerlegt, das Baukindergeld helfe eigentlich den falschen. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte kritisiert, die Förderung komme hauptsächlich Familien zu Gute, die sich den Bau oder Kauf eines Hauses ohnehin leisten könnten. Haushalte aus den oberen Einkommensgruppen profitierten davon besonders stark.
»Das Baukindergeld richtete sich an kleine und mittlere Einkommen. Und genau solche Familien haben es auch genommen«, betonte Bau-Staatssekretärin Anne Katrin Bohle (parteilos). Sie halte es auch nicht für problematisch, wenn damit nicht nur neu gebaut, sondern Eigentum aus dem Bestand gekauft wurde. »Das macht Menschen unabhängiger, gerade in angespannten Märkten.«
Aus Sicht der Immobilienbranche macht das Baukindergeld Häuser, Wohnungen und Grundstücke allerdings teurer. In vielen Fällen schlage der Verkäufer die Prämie auf den Verkaufspreis auf, warnte der Zentrale Immobilien-Ausschuss bereits zu Jahresbeginn.
Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, sagte, der überwiegende Teil des Geldes fließe in schon bestehende Immobilien. »Damit wird also bislang der Eigentumserwerb, nicht jedoch der Wohnungsbau gefördert.« Ähnlich sieht das Claus Deese, Geschäftsführer beim Mieterschutzbund: »Das eigentliche Ziel, nämlich Wohnungsprobleme in den Großstädten zu bekämpfen, erfüllt man damit nicht.« Stattdessen könne die Überführung von Miet- in Eigentumswohnungen die Preise für Wohnraum weiter in die Höhe treiben. (dpa)