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Baerbock will mehr Hilfen für SED-Opfer

Annalena Baerbock ist nicht nur Außenministerin, sie vertritt auch die Brandenburger Grünen im Bundestag. Fern der Außenpolitik nimmt sie sich Zeit für ehemalige SED-Opfer.

Annalena Baerbock
Annalena Baerbock am Mahnmal des sogenannten Kindergefängnisses aus DDR-Zeiten. Foto: Jens Kalaene
Annalena Baerbock am Mahnmal des sogenannten Kindergefängnisses aus DDR-Zeiten.
Foto: Jens Kalaene

Hinten, ganz am Ende des Gangs, da war ihre Zelle. Heute ist da ein sauber lackierter blauer Türrahmen, dahinter eine Amtsstube des Polizeireviers Bad Freienwalde. Früher aber war Cornelia Kurtz in dem winzigen Zimmer mit den dicken Mauern eingesperrt, als 16-Jährige, zu DDR-Zeiten. Wie sie sich fühlt, wieder hier zu sein? »Aufgeregt.«

Mit der Grünen-Politikerin und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kam Cornelia Kurtz, heute 62 Jahre, zurück an den Ort, der in der DDR offiziell »Durchgangsheim« hieß. Für die dort festgehaltenen Jungen und Mädchen war es schlicht ein »Kindergefängnis«. Von 1968 bis 1987 brachten die DDR-Behörden dort Kinder und Jugendliche zeitweise unter, bevor sie in ein Heim oder in einen Jugendwerkhof gebracht wurden. Seit 2017 ist in dem renovierten Gebäude die Polizei untergebracht.

Cornelia Kurtz war Ende der 1970er Jahre zwei Monate in dem einst als preußische Haftanstalt errichteten Bau. Sie erinnert sich so: Nach häuslichem Missbrauch war sie zu Hause abgehauen und hatte die Schule geschwänzt. Die Polizei griff sie auf, ihr Vater brachte sie zum Jugendamt, das sie wiederum ins »Durchgangsheim« verfrachtete.

»In der Gemeinschaftszelle war es ja schlimmer«

Zuerst kamen acht Tage Einzelzelle. »Wobei ich sagen muss: Ich war gerne in der Einzelzelle, in der Gemeinschaftszelle war es ja noch schlimmer«, erzählte die 62-Jährige. »Man wurde ja von den Erziehern - also nicht von allen Erziehern, aber von manchen Erziehern - ja auch noch missbraucht, körperlich und sexuell missbraucht.«

Nach ihren zwei Monaten in Bad Freienwalde kam Kurtz in einen Jugendwerkhof, bis zu ihrem 18. Geburtstag. »Und dann, gar nichts, ich bin rausgekommen, habe keinen Beruf gehabt, nichts.« Bis heute habe sie sich mit Hilfsarbeiten durchgeschlagen. Gleichzeitig kämpfte sie jahrelang um Rehabilitation und Entschädigung. Erst 2018 bekam sie die Anerkennung.

Baerbock, die in ihrer Rolle als brandenburgische Bundestagsabgeordnete kam, lenkte zwar die Aufmerksamkeit auf diesen historischen Ort, hörte aber vor allem zu. Erst am Ende äußerte sich die Grünen-Politikerin. An diesem Ort sehe man, »dass Menschen, die als Kinder, als Jugendliche hier eingesperrt worden sind, diese Erinnerung, diese Schäden, diese Folgen mit ins Grab nehmen werden«, sagte Baerbock.

Deshalb sei es wichtig, »dass die Betroffenen nicht immer wieder selber beweisen müssen oder von Gutachten abhängig sind, dass natürlich ihre Zeit in einem Kindergefängnis Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand hatte«. Ähnlich wie bei Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen aus dem Einsatz sollten diese Spätfolgen als gegeben angenommen werden. »Das ist zum Beispiel einer der Vorschläge, die ich mehr als sinnvoll finde«, sagte sie mit Blick auf im Bundestag debattierte Gesetzesänderungen.

Demonstration gegen Baerbocks Haltung

Fragen zur Außenpolitik wollte die Bundesaußenministerin an diesem Ort nicht beantworten. Trotzdem holte sie ihr Amt auch in Bad Freienwalde ein: Auf der Straße vor dem heutigen Polizeirevier demonstrierten etwa 30 Menschen gegen ihre Haltung zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Auf Plakaten wurde ihr Rücktritt gefordert, in Sprechchören skandierten die Teilnehmer »Kriegstreiber« und »Hau ab«.



Baerbock habe »uns in ganz Deutschland blamiert, zum Beispiel, mit ihren Ansichten, mit ihrer Kriegstreiberei, das wollen wir einfach nicht«, sagte Ramona Gorski, die neben dem AfD-Landtagsabgeordneten Lars Günther unter den Demonstranten stand. Darüber werde zu wenig berichtet. Dann sagte Gorski noch: »Das ist nicht unser Krieg, wir sind bisher ganz gut mit Russland klargekommen. Die haben schon immer Krieg geführt da, auch in anderen Ländern. Und wir müssen darunter leiden, das geht nicht.«

© dpa-infocom, dpa:230106-99-127386/3