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Baerbock: Klima-Finanz-Zusage für arme Länder in Reichweite

Gerade Länder in heißeren Gebieten der Erde leiden oft besonders an den Auswirkungen des Klimawandels. Industrieländer haben schon lange mehr Hilfe versprochen - nun soll es Bewegung geben.

14. Petersberger Klimadialog
Außenministerin Annalena Baerbock äußert sich vor Beginn vom 14. Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt. Zur zweitägigen Klimakonferenz der Bundesregierung werden Teilnehmer aus etwa 40 Staaten erwartet. Foto: Bernd von Jutrczenka
Außenministerin Annalena Baerbock äußert sich vor Beginn vom 14. Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt. Zur zweitägigen Klimakonferenz der Bundesregierung werden Teilnehmer aus etwa 40 Staaten erwartet.
Foto: Bernd von Jutrczenka

Die reichen Länder werden ihr Milliarden-Versprechen zur finanziellen Unterstützung ärmerer Staaten beim Klimaschutz nach Einschätzung von Außenministerin Annalena Baerbock in diesem Jahr erstmals einhalten.

»Die gute Nachricht ist: So wie es jetzt aussieht, sind wir auf einem Weg, dass wir dieses Jahr endlich die Summe von 100 Milliarden US-Dollar erreichen können«, sagte die Grünen-Politikerin beim Petersberger Klimadialog in Berlin.

Die Industrieländer hatten 2009 in Kopenhagen versprochen, bis zum Jahr 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für Klimaschutz in Entwicklungsländern zu mobilisieren, was bisher nicht gelang. Deutschland habe bereits zugesagt, den eigenen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung auf mindestens sechs Milliarden Euro zu erhöhen, sagte Baerbock. Es brauche aber auch massive private Mittel, weshalb sich Deutschland gemeinsam mit den USA für Reformen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank einsetze.

»Größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit«

Baerbock betonte die existenzbedrohenden Auswirkungen des Klimawandels auf manche Länder und erklärte: »Für uns alle ist diese Krise die größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit.« Beim Klimadialog in Berlin bereiten Vertreter von mehr als 40 Staaten die Weltklimakonferenz vor, die am Jahresende in Dubai stattfinden wird. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, gilt angesichts der bisherigen Klimaschutzbemühungen als zunehmend unrealistisch.

»Ich setze mich dafür ein, dass wir uns auch auf ein globales Ziel für erneuerbare Energien und Energieeffizienz einigen«, sagte Baerbock. Der designierte Präsident der Klimakonferenz in Dubai, Ahmed al-Dschaber, bekannte sich in Berlin ebenfalls zum rapiden Ausbau erneuerbarer Energien weltweit. »Wir werden die Umsetzung beschleunigen in Bereichen wie den Erneuerbaren, die ihre Kapazität bis 2030 verdreifachen müssen und bis 2040 noch einmal verdoppeln«, sagte der Sultan. Man wolle kluge Regulierung zur Förderung von Wasserstoff unterstützen und die kommerzielle Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid ermöglichen.

Al-Dschaber ist Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate und zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, was Klimaschützer kritisieren. Er hat 2006 allerdings auch das staatliche Erneuerbare-Energien-Unternehmen Masdar mit Sitz in Abu Dhabi gegründet und geleitet, das Wind- und Solarprojekte in mehr als 40 Ländern mit angeschoben hat.

800 Millionen Menschen haben keinerlei Zugang zu Energie

Gerade den ärmsten Ländern werde ein Umsteuern ohne finanzielle Unterstützung aber nicht gelingen, warnte Al-Dschaber. »Die ärmsten Länder machen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung aus, tragen aber nur 12 Prozent der globalen Emissionen bei, während 800 Millionen Menschen keinerlei Zugang zu Energie haben.« Diese Menschen wollten und verdienten ein besseres Leben. Wenn es der Welt nicht gelinge, diese Menschen im Sinne des Klimaschutzes finanziell zu unterstützen, hätten sie keine andere Wahl als sich in Richtung eines hohen CO2-Ausstoßes zu entwickeln. »Das ist ein Ergebnis, das wir vermeiden wollen, weil es in niemandes Interesse ist.«

Bei der Konferenz in Dubai soll die Weltgemeinschaft eine Bilanz ihrer bisherigen Klimaschutzbemühungen ziehen und sie an den 2015 bei der Pariser Klimakonferenz vereinbarten Zielen messen. »Dies ist ein Augenblick der Klarheit, dem wir alle uns mit kompletter Ehrlichkeit stellen müssen«, sagte Al-Dschaber.

»Verzögerung bedeutet heute nur eins: Zerstörung«

Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, sagte, wenn Baerbock und Kanzler Olaf Scholz (SPD) der kommenden Klimakonferenz zum Erfolg verhelfen wollten, müssten sie schon jetzt klar sagen, dass dort die Verbrennung von Öl und Gas beendet werden müsse. »Ein Aufweichen dieser überfälligen Ankündigung durch den gastgebenden Golfstaat muss unbedingt verhindert werden, um im 1,5-Grad-Limit zu bleiben.«

Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer drängte die Teilnehmer beim Petersberger Dialog zum Handeln. »Verzögerung bedeutet heute nur eins: Zerstörung«, sagte sie nach einem Transkript ihrer nicht öffentlich gehaltenen Rede, das Fridays for Future zur Verfügung stellte. Einwänden, dass radikale Klimaschutzmaßnahmen nicht realistisch seien, hielt Neubauer demnach entgegen: »Es ist nicht realistisch, in friedlichen Demokratien zu leben, wenn Lebensunterhalte wegbrechen. Es ist nicht realistisch, dass sich Volkswirtschaften irgendwo entwickeln, wenn die Welt in Flammen steht.«

© dpa-infocom, dpa:230502-99-522984/8