Außenministerin Annalena Baerbock will im Wettstreit mit Russland und China bei afrikanischen Staaten um Partnerschaften auf Augenhöhe werben. Autokraten griffen verstärkt nach Recht und Einfluss, kritisierte die Grünen-Politikerin am Montagabend in einer Rede im Goethe-Institut in der senegalesischen Hauptstadt Dakar mit Blick auf Moskau und Peking. »Dabei versuchen sie auch, die Wunden zu instrumentalisieren, die Europa in der Welt hinterlassen hat, gerade hier in Afrika«, fügte Baerbock hinzu.
Wenn Russland das tue und zugleich einen imperialen Krieg führe, sei dies grotesk. »Aber wir müssen in Deutschland, als so genannter «Westen», doch auch fragen, auch wenn es aus unserer Sicht zutiefst ungerecht ist: Warum verfängt diese Kommunikation?«, gab die Außenministerin zu bedenken. Man müsse sich mit der Wahrnehmung in vielen Ländern auseinandersetzen, nach der es Europa bis heute nur darum gehe, Abhängigkeit zu schaffen statt Mitsprache. Man müsse Angebote zur Zusammenarbeit machen, von denen beide Seiten profitierten, sagte Baerbock.
Baerbock pflegt wichtige europäische Partnerschaften in der Region
Die Ministerin hielt die Rede auf dem Gelände des neuen Goethe-Instituts in Dakar. Bei dem Neubau wurde auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz Wert gelegt. Schwerpunktthemen sind neben Sprachkursen die Dekolonialisierung, die Entwicklung der Region sowie die Kultur- und Kreativwirtschaft. Die Gesamtkosten liegen bei knapp 4 Millionen Euro.
Baerbock setzt ihren Westafrika-Besuch vor dem Hintergrund der Krisen in der Sahel-Region an diesem Dienstag in der Elfenbeinküste fort. In Abidjan, dem Regierungssitz der Elfenbeinküste, sind Beratungen mit Präsident Alassane Ouattara sowie Außenminister Léon Kacou Adom geplant.
Baerbock bei Ausbildung im Anti-Terror-Kampf
Die Außenministerin will sich in einer Internationalen Akademie zur Terrorismusbekämpfung etwa 35 Kilometer außerhalb von Abidjan über die Ausbildung von Militärs und Sicherheitskräften informieren lassen. Dort soll ihr unter anderem die simulierte Befreiung eines Dorfes im Sahel von Terroristen vorgeführt werden.
Deutschland ist mit einem Beitrag in Höhe von 2,5 Millionen Euro an der Finanzierung der Infrastruktur der Einrichtung beteiligt und hat etwa das Geld für einen Schiffsanleger beigesteuert. In der Akademie werden Fachkräfte aus dem Zivil-, Polizei- und Militärbereich schwerpunktmäßig in Antiterrortaktik und Geiselbefreiung geschult. Auch die deutsche Spezialeinheit GSG9 der Bundespolizei trainiert dort regelmäßig.
Sorge vor Übergreifen islamistischen Terrors steigt
Die am Golf von Guinea gelegene Elfenbeinküste ist mit rund 30 Millionen Einwohnern das wirtschaftliche Schwergewicht des französischsprachigen Westafrikas, vor allem als weltgrößter Kakao-Produzent. Das Land wird wie seine Nachbarn Ghana, Benin und Togo vom Überschwappen islamistischen Terrorismus aus Mali und Burkina Faso bedroht, wo sich die Terrorgruppen besonders in den Grenzgebieten ausbreiten.
Während Frankreich seine Truppenzahl in dem Land wie auf anderen Basen der Region verkleinern will, stärken die USA dort ihre militärische Präsenz, um den Schutz der Küstenstaaten zu unterstützen. Nach dem Abzug aus dem Niger ist Medienberichten zufolge auch eine neue US-Basis in der Elfenbeinküste im Gespräch.
Politische Brüche in der Region
Baerbock besucht mit der Elfenbeinküste einen der wichtigsten Partner und die größte Demokratie im französischsprachigen Westafrika. Das dürfte ein Zeichen auch an die Putschisten-Regierungen in Mali, Burkina Faso und dem Niger sein, die den Regionalblock Ecowas verlassen wollen und wirtschaftlich wie sicherheitspolitisch die Spaltung der Region vorantreiben. Nutznießer ist Russland, das sich ihnen als Antikolonialist und Militärpartner andient, während frühere Anti-Terror-Partner und selbst UN-Truppen weichen müssen.
Sorge vor weiteren Militärputschen
Selbst in der weitgehend demokratischen Elfenbeinküste fragen sich viele, wieso der 82-jährige Präsident Alassane Ouattara entgegen der Verfassung in dritter Amtszeit regiert und mit einer vierten liebäugelt, ohne dass internationale Kritik laut wird. Entlang der Küste wächst bei Beobachtern die Sorge vor einem möglichen nächsten Militärputsch, nachdem binnen vier Jahren gleich sechs französische Ex-Kolonien in West- und Zentralafrika Putsche erlebt haben.
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