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Böhmermann veröffentlicht angebliche hessische NSU-Akten

Jahrelang herrschte Streit um als geheim eingestufte LKA-Dokumente zur Mordserie von NSU-Rechtsterroristen. Dem könnte ZDF-Satiriker Jan Böhmermann jetzt ein Ende gesetzt haben.

Jan Böhmermann
Moderator Jan Böhmermann im Studio seiner Late-Night-Show »ZDF Magazin Royal«. Foto: Rolf Vennenbernd
Moderator Jan Böhmermann im Studio seiner Late-Night-Show »ZDF Magazin Royal«.
Foto: Rolf Vennenbernd

Die Plattform »Frag den Staat« und das »ZDF Magazin Royale« von Jan Böhmermann haben nach eigenen Angaben als geheim eingestufte hessische NSU-Akten veröffentlicht. »Wir glauben, die Öffentlichkeit hat das Recht zu erfahren, was genau in jenen Dokumenten steht, die ursprünglich für mehr als ein Jahrhundert geheim bleiben sollten«, heißt es auf der dazu eingerichteten Webseite.

Um die Quellen zu schützen, seien die Akten komplett abgetippt und ein neues Dokument erstellt worden, um keine digitalen Spuren zu hinterlassen, schrieb Böhmermann auf Twitter.

Bei dem online brufbaren Dokument handelt es sich laut Deckblatt um einen Abschlussebericht zur Aktenprüfung im Landesamt für Verfassungsschutz Hessen im Jahr 2012. Der Bericht ist auf den 20. November 2014 datiert.

Jahrelanger Streit um Veröffentlichung

Um sogenannte NSU-Akten des hessischen Verfassungsschutzes - Ergebnis einer Prüfung, bei der die Behörde eigene Akten und Dokumente zum Rechtsextremismus auf mögliche Bezüge zum NSU geprüft hatte - gibt es seit Jahren Streit. Sie waren zunächst für 120 Jahre als geheim eingestuft worden, später wurde die Zeit auf 30 Jahre verringert.

Zehntausende Personen hatten in einer Petition die Veröffentlichung gefordert. Die Initiatoren der Petition erhofften sich neue Erkenntnisse über die Morde der rechtsextremen Terrorzelle »Nationalsozialistischer Untergrunds« (NSU) und mögliche Verbindungen zum Mord an Kassels Regierungspräsidenten Walter Lübcke.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hatte im Mai 2021 die Entscheidung verteidigt, die Akten nicht zu veröffentlichen. »Für die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden ist es immanent, dass sie ihre Arbeitsweise nicht für jeden offenlegen können«, sagte er damals im Landtag in Wiesbaden. »Ansonsten könnten die Verfassungsfeinde selbst diese Informationen nutzen, um unsere gemeinsamen Werte zu bekämpfen oder Menschen gezielt zu gefährden.«

Er verwies darauf, dass das zuständige Parlamentarische Kontrollgremium Verfassungsschutz vollumfängliche Akteneinsichtsrechte besitze und jederzeit sämtliche Informationen des Verfassungsschutzes einsehen könne.

Neun Opfer von NSU-Rechtsterror

Der NSU hatte über Jahre unerkannt mordend durch Deutschland ziehen können. Die Opfer: neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin. Die Rechtsterroristen verübten außerdem zwei Bombenanschläge mit Dutzenden Verletzten und etliche Banküberfälle.

Einer der Morde wurde 2006 in Kassel verübt. Die beiden Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich 2011 getötet, um der Festnahme zu entgehen. Als einzige Überlebende des NSU-Trios wurde Beate Zschäpe als Mittäterin zu lebenslanger Haft verurteilt - auch wenn es nie einen Beweis dafür gab, dass sie selbst an einem der Tatorte war.

© dpa-infocom, dpa:221029-99-304393/3