Logo
Aktuell Inland

Ausschuss empfiehlt Teilwiederholung der Wahl in Berlin

Dass die Bundestagswahl im Herbst vergangenen Jahres in Berlin richtig schlecht gelaufen ist, sehen alle Parteien im Bundestag so. Doch welche Konsequenzen sollen gezogen werden? Das wird langsam klar.

Bundestagswahl
Wählerinnen und Wähler warten im Stadtteil Prenzlauer Berg in einer langen Schlange vor einem Wahllokal. Foto: Hauke-Christian Dittrich
Wählerinnen und Wähler warten im Stadtteil Prenzlauer Berg in einer langen Schlange vor einem Wahllokal.
Foto: Hauke-Christian Dittrich

Wegen zahlreicher Pannen soll die Bundestagswahl vom September vergangenen Jahres in Berlin in 431 Wahlbezirken wiederholt werden. Eine entsprechende Empfehlung an den Bundestag hat dessen Wahlprüfungsausschuss mit den Stimmen der Ampel-Vertreter von SPD, Grünen und FDP beschlossen, wie die Vorsitzende Daniela Ludwig (CSU) am Montag mitteilte.

Betroffen sind demnach 327 der 2256 Wahlbezirke der Hauptstadt sowie 104 der 1507 Briefwahlbezirke. Die Wiederholung soll mit Erst- und Zweitstimme erfolgen. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag wünschte sich eine viel weitergehende Wahlwiederholung.

Über die Ausschuss-Empfehlung muss nun noch der Bundestag entscheiden, was er voraussichtlich bereits an diesem Donnerstag tun wird. Es gilt als sicher, dass er der Empfehlung zustimmen wird. Dieser Beschluss dürfte aber nach Einschätzung aus den Fraktionen anschließend vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten werden, so dass nicht klar ist, wann die Teilwiederholung der Wahl stattfinden wird. »Der Wunsch ist natürlich schon, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr schnell Klarheit darüber bekommen, wann und vor allem in welchem Umfang die Bundestagswahl in Berlin wiederholt wird«, sagte Ludwig.

Auswirkungen sind unklar

Unklar sind auch die Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestags. Sollte die Wahlbeteiligung bei der Teilwiederholung niedrig sein, könnte dies zur Folge haben, dass weniger Abgeordnete aus Berlin im Bundestag vertreten sein werden.

Die Bundestagswahl am 26. September 2021 war in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen. Es gab lange Schlangen und Wartezeiten, falsche oder fehlende Stimmzettel, weswegen Wahllokale vorübergehend geschlossen werden mussten. Vielerorts blieben die Wahllokale bis weit nach 18 Uhr geöffnet, um den Wartenden noch die Stimmabgabe zu ermöglichen.

Die Verwaltung war heillos überfordert, weil parallel zum Bundestag auch das Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt wurden. Hinzu kam ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Der zeitgleich ausgetragene Berlin-Marathon erschwerte den Wahlhelfern die Arbeit, etwa das Nachliefern von Wahlzetteln, weil viele Straßen gesperrt waren.

Bundeswahlleiter: Komplettes systematisches Versagen

Bundeswahlleiter Georg Thiel sah später ein »komplettes systematisches Versagen der Wahlorganisation« in Berlin und legte einen Einspruch gegen die Wahl ein. Er verlangte, diese in sechs der zwölf Wahlkreise komplett zu wiederholen.

»Wir sagen, nur dort, wo die Wahlfehler tatsächlich stattgefunden haben, wo wir also belegen können, dass Stimmzettel gefehlt haben, dass lange Warteschlangen waren, nur dort wollen wir neu wählen«, sagte der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner. Er wies zugleich darauf hin, dass sich die 431 Wahlbezirke, in denen erneut gewählt werden soll, auf alle zwölf Wahlkreise im Land Berlin erstrecken. Dies gehe über den Vorschlag des Bundeswahlleiters hinaus.

Fechner betonte, die Entscheidung sei erfolgt »ohne auf Umfragen zu schielen oder zu erwägen, welcher Partei wohl die Neuwahl nützlich sein könnte«. Dagegen bezeichnete es der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss, Patrick Schnieder (CDU), als »vollkommen unangemessen, wie dieses Verfahren politisiert worden ist«. Die Ampel-Fraktionen hätten die juristischen Rädchen so bewegt, dass das Ergebnis politisch passe. »Nämlich, dass am Ende so gut wie nichts passieren kann in diesen Neuwahlen.«

Union: »Ist als Kosmetik zu bezeichnen«

Die Union wollte, dass in insgesamt rund 1200 und nicht nur in 431 Wahlbezirken nachgewählt wird. Der von den Ampel-Fraktionen gefasste Beschluss sei absolut nicht ausreichend, sagte Schnieder. »Das ist vielleicht als homöopathische Dosis, vielleicht auch nur als Kosmetik zu bezeichnen.«

Wiederholt werden soll die Wahl nun in Wahlbezirken, wo sie 2021 aufgrund von Wahlfehler unterbrochen wurde, wo es erhebliche Verzögerungen gab oder wo Wähler wegen fehlender oder falscher Wahlzettel nicht gültig abstimmen konnten. Ein Wiederholungsgrund liegt auch vor, wenn Wahllokale noch nach 18.30 Uhr geöffnet waren.

© dpa-infocom, dpa:221107-99-422427/2