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Atombehörden-Chef: Lage in Saporischschja weiter schlecht

Aus dem Kernkraftwerk Saporischschja gibt es Berichte über Folter und Zwang. Ein Reaktor-Unfall ist weiterhin nicht ausgeschlossen.

Kernkraftwerk Saporischschja
Die Situation im ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja verschlechtert sich nach ukrainischen Angaben weiterhin. Foto: Iaea Mission
Die Situation im ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja verschlechtert sich nach ukrainischen Angaben weiterhin.
Foto: Iaea Mission

In dem von russischen Truppen besetzten Kernkraftwerk Saporischschja verschlechtert sich die Situation nach Worten des ukrainischen Atombehörden-Chefs mit jeder Woche. Die Besatzer hätten unter anderem das Verwaltungsgebäude, ein Schulungszentrum und einen Block des AKW beschädigt, sagte Petro Kotin dem ZDF. Sie lagerten Ausrüstung und Lastwagen, was große Brandgefahr schaffe. »Niemand weiß, was sich in diesen Lastwagen befindet.«

Gleichzeitig stünden die Mitarbeiter unter hohem Druck. »Im Moment versuchen sie, das Personal zu drängen, Arbeitsverträge mit Russland zu unterzeichnen«, so Kotin. »Das Personal hat die Wahl, entweder diesen Vertrag zu unterschreiben oder geschlagen oder gefoltert zu werden.« Etwa 100 Menschen seien gefangen genommen worden, von anderen wisse man nicht, was mit ihnen passiert sei. Den Menschen sei es verboten, das Gebiet zu verlassen.

Warnung vor Reaktor-Unfall

Auf dem Gelände in und um das Kraftwerk sind immer wieder Artilleriegeschosse eingeschlagen, wobei beide Seiten sich gegenseitig für den Beschuss verantwortlich machen. IAEA-Chef Rafael Grossi versucht in Pendeldiplomatie zwischen Russland und der Ukraine, dass um das AKW eine Sicherheitszone ohne Kämpfe eingerichtet wird.

Nach Kotins Worten liegt ein möglicher Reaktor-Unfall weiterhin nahe. »Wir waren schon dreimal in unmittelbarer Nähe zu diesem Reaktorunfall«, sagte Kotin. Das liege daran, dass das AKW von der Stromversorgung abhängig sei. Wenn die Kühlung gestoppt werde, komme es zu einer Art Schmelze. Er verglich die Gefahr mit dem Fall Fukushima, als der Tsunami die Stromversorgung gekappt habe. »Die Kernschmelze begann innerhalb von drei Stunden.«

Alle sechs Blöcke sind derzeit abgestellt. In den vergangenen Tagen hatten die werkeigenen Generatoren zweimal einspringen müssen, weil sowohl die letzte verbliebene Hauptleitung von außen wie die Reserveleitung ausfielen. Am Freitag hieß es von der Internationalen Atom-Energierbehörde (IAEA), das AKW sei wieder an eine Reservestromleitung angeschlossen worden.

© dpa-infocom, dpa:221016-99-144923/2