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Ampel-Koalition ringt um Kurs zur Flüchtlingspolitik

Kein Marathon - beim Spitzentreffen der Ampel-Koalitionäre ging es diesmal eher darum, atmosphärische Störungen zu beheben. Und um Flüchtlingspolitik, bei der die Grünen relativ alleine dastehen.

Flüchtlingsunterkunft
Die Ampel-Koalition ringt um einen gemeinsamen Kurs zur Flüchtlingspolitik. Foto: Arne Dedert
Die Ampel-Koalition ringt um einen gemeinsamen Kurs zur Flüchtlingspolitik.
Foto: Arne Dedert

Nach dem Spitzentreffen der Ampel-Koalitionäre hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai greifbare Veränderungen in der Steuerung von Zuwanderung gefordert. »Deutschland braucht einen neuen Kurs in der Migrationspolitik. Wir brauchen dringend eine Migrationspolitik, die im Einklang mit der Realität ist, im Interesse unseres Landes ist und die Sorgen der Bürger nicht ignoriert«, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er warnte, die »katastrophalen Fehler der Merkel-Jahre dürfen sich nicht wiederholen«.

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten am Mittwochabend bei einem Koalitionsausschuss mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) beraten. Dabei soll auch die von Kommunen und Ländern beklagte Überlastung durch Zuwanderer Thema gewesen sein. Aus den Ländern wurde wiederholt beklagt, dass Kapazitäten für Unterbringung und Integration erschöpft seien.

Die Integrationsminister der Länder drängen auf mehr Geld. Nach einem Treffen mit seinen Amtskolleginnen und Amtskollegen in Wiesbaden sagte Hessens Integrationsminister Kai Klose (Grüne) mit Blick auf die Ministerpräsidentenkonferenz am 10. Mai, es gehe um »Wohnraum, Arbeitsmarktintegration, Personal für Kitas und Schulen, Sprachförderung und soziale Integration. Diese Integrationskosten sind bei der vom Bund bislang zugesagten Finanzierungspauschale von 2,75 Milliarden Euro für 2023 nicht berücksichtigt.«

Einige Bundesländer appellieren angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen auch auf eine leichtere Abschiebung von Menschen ohne Bleiberecht in Deutschland. Diskutiert wird zudem, ob weitere Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer eingestuft werden sollten.

Grüne legen anderen Schwerpunkt

Aus Koalitionskreisen hieß es, in puncto Flüchtlingspolitik stünden SPD und FDP aktuell relativ nahe beieinander. Die Grünen legten den Schwerpunkt dagegen vor allem auf finanzielle Hilfen für durch die Unterbringung und Versorgung besonders belastete Kommunen. Bund und Länder wollen am 10. Mai erneut über die Aufteilung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen beraten.

Im ersten Quartal 2023 stellten nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 80.978 Menschen erstmalig in Deutschland einen Asylantrag. Davon betrafen 5817 Anträge Kinder im Alter von unter einem Jahr. Flüchtlinge aus der Ukraine müssen in Deutschland und anderen EU-Staaten keine Asylanträge stellen, sondern finden über die sogenannte Massenzustrom-Richtline Aufnahme.

Über die deutsche Position bei den laufenden Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) will die Bundesregierung die Obleute der Fraktionen im Innenausschuss an diesem Freitag informieren. Da es Mitgliedstaaten gibt, die nicht bereit sind, über einen Solidaritätsmechanismus Asylbewerber von Staaten mit EU-Außengrenzen wie Italien oder Griechenland aufzunehmen, wird überlegt, welche anderen möglichen Beiträge sie leisten könnten.

FDP setzt auf Welstbalkanregel

Bei Abschiebungen stehen neben den Bundesländern vor allem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der Sonderbevollmächtigte für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP) in der Verantwortung. Die FDP will, dass Stamp bei seinen anstehenden Verhandlungen mit Staaten, die bei der Rücknahme ihrer ausreisepflichtigen Staatsbürger mehr kooperieren sollen, seinen Gesprächspartnern auch etwas anzubieten hat. Wohl auch deshalb macht sie sich dafür stark, die sogenannte Westbalkanregel, die ein Kontingent für die Einreise von Arbeitskräften vorsieht, auf weitere Staaten auszuweiten.

In den Tagen nach dem Koalitionsausschuss Ende März war öffentlich weiter über die dort gefassten Beschlüsse zu Vorgaben für Heizungen in Neubauten gestritten worden. Darauf, dass das nicht der neue Stil sein soll, legen vor allem SPD und Grüne Wert. Wohl auch deshalb sagte die SPD-Vorsitzende, Saskia Esken, am Donnerstag: »Sie sehen uns gut gelaunt und ausgeschlafen - ich finde, das ist schon die Nachricht.«

© dpa-infocom, dpa:230427-99-472378/3