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AfD-Chef Chrupalla: »Ich bin kein Putin-Versteher«

Der Krieg in der Ukraine hat tiefe Risse in der AfD aufgezeigt. Die Partei streitet über Russland-Nähe und »Putin-Versteher«. Auch Partei-Chef Tino Chrupalla steht in der Kritik.

Tino Chrupalla
AfD-Chef Tino Chrupalla versteht sich nicht als »Putin-Versteher«. Foto: Kay Nietfeld
AfD-Chef Tino Chrupalla versteht sich nicht als »Putin-Versteher«.
Foto: Kay Nietfeld

AfD-Chef Tino Chrupalla hat Vorwürfe einer zu großen Russland-Nähe zurückgewiesen und bekräftigt, dass er die Partei als Bundessprecher auch nach dem im Juni anstehenden Parteitag weiter führen möchte.

»Ich bin kein Putin-Versteher, ich bin auch kein Washington-Versteher oder Brüssel-Versteher. Ich sehe mich als Politiker, der deutsche Interessen im In- und Ausland vertritt«, sagte Chrupalla der Deutschen Presse-Agentur. Der AfD-Chef sprach zugleich von »berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands«, die in den vergangenen Jahren nicht gehört worden seien. Der Krieg in der Ukraine habe »viele Väter«.

Parteiintern steht der 46-Jährige in der Kritik. Gegner werfen ihm einen zu Russland-nahen Kurs vor und sprechen ihm die Eignung als Parteichef ab. Wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte Chrupalla im Bundestag gesagt: »Es darf in diesen Tagen aber nicht unser Ziel sein, den einen Schuldigen auszumachen«. Er hatte dazu aufgerufen, mit Blick auf die deutsche Wiedervereinigung 1990 »gerade in diesen Tagen Russlands Beitrag für Deutschland und Europa« nicht zu vergessen. Mit dieser Rede hatte Chrupalla besonders viel Kritik auf sich gezogen.

Fünf Messer im Rücken

Es sei in der AfD ausgeprägt, dass derjenige, der vorne stehe, immer weg müsse. »Das halte ich aus.« Von der Basis der Partei fühle er sich getragen, sagte Chrupalla. Wenige Funktionäre sähen ihn kritisch. »Ich sage immer, wenn ich abends nach Hause komme, muss mir meine Frau erstmal fünf Messer aus dem Rücken ziehen. Und die Messer haben immer die gleiche Farbe. Das gehört leider zur Politik dazu.« Er bekräftigte seine Absicht, Parteichef bleiben zu wollen. »Meine Aufgabe in der Partei ist noch nicht beendet.«

Mitte Juni soll auf einem Parteitag darüber entschieden werden. Weitere Kandidaten für die Parteispitze haben sich bisher nicht in Stellung gebracht. Chrupalla erklärte, er würde auch für eine Doppelspitze zur Verfügung stehen. Seit dem Parteiaustritt von Jörg Meuthen führt der Malermeister die AfD alleine. Wahrscheinlich wird es aber wieder ein Führungsduo geben, da für eine Einzelspitze eine Änderung der AfD-Satzung mit Zweidrittelmehrheit durchgesetzt werden müsste. Das deutet sich nicht an.

AfD-Chef: Russland hat sich in die Enge getrieben gefühlt

Beim Krieg in der Ukraine sollte sich Deutschland nach Meinung Chrupallas raushalten. »Es ist auch ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland, der hier stattfindet. Und wir täten gut daran, uns hier absolut rauszuhalten.« Viele Bürger sähen die große Gefahr eines Dritten Weltkrieges, »wenn wir uns einmischen«.

Die AfD lehnt Waffenlieferungen und auch Wirtschaftssanktionen ab. Chrupalla fügte hinzu, es sei zu bedenken, dass »die berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands« in den vergangenen Jahren nicht gehört worden seien und es sich immer mehr in die Enge getrieben gefühlt habe. »Und wenn ich die Sicherheitsinteressen Russlands betrachte und Zusagen, die auch nicht eingehalten wurden, dann würde ich sagen, dass dieser Krieg auch viele Väter hat.«

Auf die Frage, ob er genauso viel Verständnis habe für die Sicherheitsinteressen russischer Nachbarländer, die in die Nato wollten, wie die baltischen Staaten, antwortete Chrupalla, das sei geschichtlich betrachtet zu berücksichtigen. »Ich will da auch niemandem einen Vorwurf machen, der eine ist nicht besser als der andere. Wenn ich zum Beispiel die Nato-Manöver der letzten Jahre sehe, hat man diese Provokationskette aber immer näher an die russische Grenze herangebracht. Russland hat das in Umkehr genauso getan.«

Verfassungsschutzurteil - schriftliche Begründung steht noch aus

Der AfD-Chef beteuerte, dass seine Partei nicht versuche, das demokratische System in Deutschland auszuhöhlen. »Wenn ich die Regierung kritisiere, heißt das nicht, dass ich den Staat ablehne.« Ob die AfD gegen das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts zur Beobachtung der Partei als Ganzes durch den Verfassungsschutz Berufung einlegen will, ließ Chrupalla offen. Die schriftliche Begründung des Urteils liege immer noch nicht vor. »Wir werden weiter für unser Recht kämpfen.« Das Ganze sei an den Haaren herbeigezogen. Die Opposition solle delegitimiert und beschädigt werden.

© dpa-infocom, dpa:220408-99-842599/2