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89.000 Polizisten gegen Eskalation bei »Gelbwesten«-Demos

Allen Zugeständnissen der Regierung zum Trotz: Die »Gelben Westen« in Frankreich machen mobil für einen weiteren Protesttag. In Paris befürchtet man das Schlimmste - und macht sich mit scharfen Maßnahmen auf mögliche Krawalle gefasst.

Paris (dpa) - Frankreichs Regierung fürchtet bei neuen »Gelbwesten«- Protesten in Paris erneut Gewalt und Ausschreitungen. Für heute hat die Protestbewegung in der Hauptstadt und im ganzen Land wieder zu Demonstrationen aufgerufen.

Mit einem massiven Aufgebot von Sicherheitskräften soll eine Eskalation verhindert werden. Allein in Paris sollen nach Angaben des Premierministers Édouard Philippe 8000 Polizisten und andere Ordnungskräfte eingesetzt werden; im ganzen Land 89.000.

Bereits vor Beginn der Proteste wurden am Samstagmorgen 481 Menschen festgenommen. Von ihnen seien 211 in Polizeigewahrsam genommen worden, sagte Premierminister Édouard Philippe bei einem ersten Bericht zur Lage nach einem Treffen mit dem Innenminister Christophe Castaner und Sicherheitskräften. Es sei ein »außergewöhnliches« Sicherheitskonzept in Kraft. Ziel sei es, friedliche Demonstranten von Randalierern zu trennen.

In der Hauptstadt waren am Samstag nach früheren Angaben des Premiers 8000 Polizisten und andere Ordnungskräfte im Einsatz. Erstmals im Zuge der »Gelbwesten«-Proteste wurden auch gepanzerte Fahrzeuge in Paris in Stellung gebracht. In der Umgebung der Champs-Élysées setzte die Polizei am Vormittag vereinzelt Tränengas ein. Systematisch wurden die Taschen und Rucksäcke der Demonstranten nach möglichen gefährlichen Gegenständen durchsucht.

Viele Geschäfte und Sehenswürdigkeiten in der Hauptstadt bleiben geschlossen, Fußballspiele wurden verschoben. Frankreichs Innenminister Christophe Castaner sagte am Freitag mit Blick auf das Wochenende: »Alles lässt darauf schließen, dass radikale Elemente (und) Aufrührer erneut versuchen werden zu handeln.« Politiker verschiedener Lager riefen die Demonstranten zum Gewaltverzicht auf.

Mittlerweile ist es das vierte Wochenende in Folge, an dem die »Gelbwesten«, benannt nach den Warnwesten im Auto, protestieren. Ursprünglich hatten sie gegen geplante Steuererhöhungen auf Sprit und Diesel demonstriert - dieses Vorhaben legte die Regierung jedoch zwischenzeitlich auf Eis.

Der Protest hat sich jedoch ausgeweitet und richtet sich nun auch gegen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und dessen Reformpolitik. Beobachter sehen den 40-Jährigen mit der schwersten Krise seiner Amtszeit konfrontiert. Der Mitte-Politiker hatte 2017 das Präsidentenamt übernommen.

Am vergangenen Wochenende war es in Paris und anderen Städten zu Krawallen gekommen. In der Hauptstadt lieferten sich Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei, Autos gingen in Flammen auf, der Triumphbogen wurde geplündert und stark beschädigt. Bislang hielt Macron sich mit Äußerungen zu den Ausschreitungen auffallend zurück. Öffentliche Auftritte überließ er stattdessen weitestgehend Premierminister Philippe.

Eine Untergruppe der »Gelbwesten«, die sich selbst als »Sprachrohr der konstruktiven Wut« sieht, rief am Freitagabend zu friedlichen Protesten auf. »Ich denke, wir müssen jetzt vernünftig sein und auf die Worte unseres Präsidenten warten. Er ist es, der den Schlüssel für dieses Schloss in der Hand hat«, sagte Christophe Chalençon von den »freien Gelben Westen« nach einem Treffen mit Premier Philippe vor Journalisten. Man wolle keine Revolution, sondern eine Evolution der Gesellschaft - und diese müsse in Ruhe vonstatten gehen.