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6,2 Millionen können nicht richtig Deutsch lesen und schreiben

Viele Menschen gehen in Deutschland mit Lese- und Schreibschwäche durch den Alltag. Allerdings gab es in den vergangenen Jahren Fortschritte.

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Laut einer aktuellen Studie können 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland nicht richtig Deutsch lesen und schreiben. Foto: Bernd Wüstneck
Laut einer aktuellen Studie können 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland nicht richtig Deutsch lesen und schreiben. Foto: Bernd Wüstneck

BERLIN. 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht richtig Deutsch lesen und schreiben. Von ihnen haben mit 52,6 Prozent mehr als die Hälfte Deutsch als Muttersprache. Das geht aus einer vom Bundesbildungsministerium geförderten Studie hervor, die in Berlin vorgestellt wurde.

2010 hatten insgesamt noch 7,5 Millionen Menschen nur geringe Lese- und Schreibfähigkeiten - etwa 1,3 Millionen mehr. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nannte den Rückgang einen »Erfolg für unser Bildungssystem«.

»Die Mehrheit ist mit der Herkunftssprache Deutsch groß geworden«, sagte Studienautorin Anke Grotlüschen. 47,4 Prozent der Betroffenen haben aber einen Migrationshintergrund und als erstes eine andere Sprache gelernt als Deutsch. Von diesen 2,9 Millionen Menschen sind knapp 78 Prozent nach eigenen Angaben in der Lage, in ihrer Muttersprache anspruchsvolle Texte zu lesen und zu schreiben.

Insgesamt haben 7,3 Prozent aller Erwachsenen mit Deutsch als erster Sprache laut der Studie »LEO 2018 - Leben mit geringer Literalität« nur geringe deutsche Lese- und Schreibfähigkeiten. Von den Personen mit einer anderen Herkunftssprache sind es mit 42,6 Prozent anteilsmäßig weit mehr.

62,3 Prozent der Betroffenen sind laut der Studie trotz ihrer Lese- und Schreibschwäche erwerbstätig. Mehr als jeder Fünfte hat keinen Schulabschluss, weitere zwei Fünftel haben nur einen geringen.

Als betroffen wird gezählt, wer einzelne Sätze lesen oder schreiben, aber keine zusammenhängenden Texte verstehen kann, auch keine kürzeren. Darüber hinaus gab es auch bei jenen Erwachsenen, die solche Texte zwar verstehen, aber dennoch nicht gut lesen und schreiben können, Fortschritte. Hier verringerte sich die Anzahl von 13,4 Millionen im Jahr 2011 auf nun 10,6 Millionen Menschen.

Enttabuisierung von Lese- und Schreibschwäche sowie mehr und bessere Angebote zum Lernen spielen laut Ministerium eine Rolle beim Rückgang der Zahlen. Grotlüschen sagte der Deutschen Presse-Agentur zudem, die Fortschritte gingen mit besseren Schulabschlüssen und einer höheren Erwerbsbeteiligung einher. Für die Studie waren im Sommer 2018 rund 7200 Deutsch sprechende Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren befragt worden.

Karliczek sagte: »Politik und Gesellschaft dürfen nicht nachlassen.« Gerade Erwachsene koste es oft viel Überwindung, sich diesen Schwierigkeiten zu stellen. Stärker beachtet werden müssten Menschen mit Migrationshintergrund. DGB-Vize-Chefin Elke Hannack forderte die Regierung zu mehr Initiative auf. Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Hessens Ressortchef Alexander Lorz (CDU), sprach sich für mehr Vorbeugung aus: »Wir können die Bildungssprache Deutsch nicht mehr automatisch voraussetzen.«

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bezeichnete es als »gesellschaftspolitischen Skandal, dass es in einem reichen Staat wie Deutschland 6,2 Millionen funktionale Analphabeten gibt«. Die Leo-Studie zeige, dass die Weiterbildung finanziell und personell deutlich besser ausgestattet werden müsse, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte als Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, mehr als eine Million Menschen hätten in den vergangenen Jahren die Anstrengung unternommen, Lesen und Schreiben zu lernen. »Sie sind ein Vorbild.« Der AfD-Abgeordnete Götz Frömming forderte angesichts des hohen Anteils an Menschen mit Migrationshintergrund: »Bildungsfähigkeit und Bildungswilligkeit müssen zum Kriterium gemacht werden, wenn es darum geht, zu entscheiden, wer nach Deutschland einwandern und bei uns bleiben darf.« (dpa)