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600 Bußgeldbescheide gegen Aktivisten allein in Berlin

Sie nerven Autofahrer und Flugreisende: Die Klimaschutz-Aktivisten der Letzten Generation legen oft den Verkehr lahm. Das bleibt nicht ohne Folgen für sie selbst, wie die Reaktion der Justiz zeigt.

»Letzte Generation«
Zwei Klimaaktivisten während einer Protestaktion der Gruppe »Letzte Generation« in München. Foto: Peter Kneffel
Zwei Klimaaktivisten während einer Protestaktion der Gruppe »Letzte Generation« in München.
Foto: Peter Kneffel

Gegen Klimaschutz-Demonstranten sind wegen Aktionen wie Straßenblockaden allein in der Hauptstadt Berlin bereits 600 Bußgeldbescheide ergangen. Es gebe 2200 Strafanzeigen, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik der Deutschen Presse-Agentur.

In knapp einem Jahr hätten die Aktivisten in Berlin in 276 Fällen Straßen blockiert. Dazu seien bis Mitte Dezember 42 weitere zum Teil strafbare Aktionen gekommen.

Berlin ist einer der Schwerpunkte der Gruppierung Letzte Generation, die mit ihren Aktionen auf den sich verschärfenden Klimawandel aufmerksam machen will und ein entschiedeneres Gegensteuern verlangt. Dazu blockieren die Demonstranten Straßen und Kreuzungen, auf denen sie sich teilweise festkleben. Auf den Rollfeldern von Flughäfen demonstrierten sie ebenfalls. Manche klebten sich auch an Bildern in Museen fest. In Potsdam bewarfen sie ein Gemälde mit Kartoffelbrei. In Berlin sägten sie kurz vor Weihnachten die Spitze des Weihnachtsbaums am Brandenburger Tor ab.

Aktivisten wollten Gottesdienst stören

In Stuttgart hatten Klimaaktivisten laut Polizei am Heiligabend vor, einen live im ARD-Fernsehen übertragenen Weihnachtsgottesdienst zu stören. Der Plan wurde den Behörden aber vorher bekannt. Deshalb sei der Gottesdienst in der Auferstehungskirche in Stuttgart-Möhringen bereits am Vortag aufgezeichnet worden. Da ohnehin nur geladene Gäste dabei waren, wurden diese gebeten, möglichst zahlreich und festlich gekleidet zur Generalprobe zu erscheinen, angeblich um den Ernstfall realistisch zu simulieren, wie die Möhringer Pfarrerin Heike Meder-Matthis den »Stuttgarter Nachrichten« und der »Stuttgarter Zeitung« erzählte.

Bundesjustizminister Marco Buschmann kritisierte die geplante Aktion scharf. Wer an Weihnachten einen Gottesdienst stürmen wolle, um für politische Ziele zu werben, dem sei nicht mehr zu helfen, schrieb der FDP-Politiker auf Twitter. »So findet man keine Unterstützer, sondern bloß Gegner.« Die Gruppe schade so seriösem Klimaschutz.

Nach eigenen Angaben hatten die Aktivisten nicht vor, den Gottesdienst zu stürmen. Man habe sich vielmehr in Warnweste, mit Pappschild und Kerze vor den Altar stellen wollen, sagte Aktivist Moritz Riedacher den »Stuttgarter Nachrichten« und der »Stuttgarter Zeitung«. Die Aktion wäre »friedlich, schweigsam, ohne Redebeitrag« abgelaufen, es sei als »ein Zeichen der Solidarität mit der evangelischen Kirche« geplant gewesen.

Steinmeier: Nicht der Sache des Klimaschutzes schaden

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief in seiner Weihnachtsansprache zu einem gemeinsamen Engagement von Jung und Alt gegen den Klimawandel auf. Gebraucht würden sowohl der Ehrgeiz der Jungen wie die Erfahrung der Alten. »Denn wir alle haben doch ein gemeinsames Ziel: dass die Jüngeren nicht die «letzte Generation» sind, sondern die erste Generation einer klimafreundlichen Welt.« Die Jüngeren sollten kritisch sein - »ohne der Sache des Klimaschutzes zu schaden, indem sie andere gegen sich aufbringen«, sagte Steinmeier.

Berlins Polizeipräsidentin Slowik sagte der dpa, in der Hauptstadt habe man 220.000 Einsatzkräfte-Stunden von Beamtinnen und Beamten zu dem Thema gezählt. Das sei ein extremer Aufwand - beim Beobachten neuralgischer Verkehrsknotenpunkte und Gebäude, Ablösen angeklebter Demonstranten, Absperren von Kreuzungen und Umleiten des Verkehrs. Dazu komme noch die Arbeitszeit für Ermittlungen, Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und Bußgeldverfahren.

© dpa-infocom, dpa:221226-99-19324/3