BERLIN. Zum Einheitstag am 3. Oktober haben Politiker mehr Respekt der Deutschen füreinander angemahnt.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, der Umgang sei bis heute »oftmals verheerend«. Ostdeutsche erlebten nahezu täglich emotionale Verletzungen und machten bis heute die Erfahrung, sich rechtfertigen zu müssen - »für alles«. Die Fraktionschefin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, erklärte: »Die Aufgabe, Ost und West zu verbinden, ist nicht erledigt«. Es gebe große soziale und ökonomische Ungerechtigkeiten.
Berlin stellt mit seinem Regierungschef Michael Müller (SPD) derzeit den Präsidenten des Bundesrats und richtet deshalb die zentrale Feier zum 28. Jahrestag der Wiedervereinigung aus. Das Bürgerfest rund um das Brandenburger Tor war bereits am Montagabend eröffnet worden. Am Einheitstag nehmen auch die Spitzen der Politik an einem Festakt in der Staatsoper sowie einem ökumenischen Gottesdienst teil.
Am Dienstag zog es schon verstärkt Besucher auf die Festmeile. An den Ständen der Bundesländer gab es zahlreiche Gespräche. Besucher nahmen Informationsmaterial mit und probierten Spezialitäten. An anderen Ständen wurde über die friedliche Revolution diskutiert. Bands probten für ihre Konzerte. Viele Touristen fotografierten sich auf den am Boden aufgeklebten Ortsschildern aller 11.040 deutschen Städte und Gemeinden. Sie sollen das Band der Einheit symbolisieren.
Die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft mahnte an, bei aller Freude über die Einheit das Schicksal von SED-Opfern nicht aus dem Blick zu verlieren. Viele warteten noch immer auf Hilfe und fühlten sich allein gelassen, so der Bundesvorsitzende Dieter Dombrowski in einer Mitteilung.
Grünen-Politikerin Kapek beklagte, wo sich der Staat aus der Verantwortung ziehe, schwäche er das Rückgrat der Demokratie. »Ein Staat muss sich um Bürger*innen kümmern«, so Kapek. Im Osten gebe es noch immer weniger Rente, Lohn und Sozialleistungen. »Das sind Gräben, die wir füllen müssen, damit wirklich zusammenwächst, was zusammengehört.« Kapek weiter: »Wir brauchen ein neues «Wir»-Gefühl.«
Der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf warnte, von einer Spaltung in Deutschland zu sprechen. Dieser Begriff sei »falsch und gefährlich«, sagte der CDU-Politiker der »Rhein-Neckar-Zeitung«. »Wir setzen uns für unsere Überzeugungen ein, kämpfen um den Erhalt politischer Vorstellungen und ringen um Antworten: alles im Rahmen einer demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung.«
Berlins Regierungschef Müller hatte zum Auftakt des Festes unter dem Motto »Nur mit Euch« betont, die friedliche Revolution habe es nur gegeben, weil Menschen gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte gestritten hätten. »Der Tag der Deutschen Einheit ist ein Tag der Freude.« Der Osten Deutschlands verdiene aber mehr Anerkennung und Verständnis.
Das Einheitsfest wird von starken Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Am Dienstag waren laut Polizei rund 2300 Beamte im Einsatz. Am Mittwoch sollten es rund 4000 Kräfte sein, die das Fest absichern sowie mehrere Demonstrationen begleiten.
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