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Wegen Reaktor-Problemen: Mediziner warnen vor Engpässen

Bei Untersuchungen mit Radionukliden kann es zu Wartezeiten kommen, fürchten Ärzte. Der Grund liegt in einem Forschungsreaktor in Belgien.

Nuklearmedizin
In einer Klinik für Nuklearmedizin wird eine Schilddrüse untersucht. Foto: Jan-Peter Kasper
In einer Klinik für Nuklearmedizin wird eine Schilddrüse untersucht.
Foto: Jan-Peter Kasper

Wegen technischer Probleme an einem Forschungsreaktor in Belgien müssen sich Patienten hierzulande auf längere Wartezeiten oder Terminverschiebungen bei bestimmten medizinischen Untersuchungen einstellen. Das befürchten deutsche Nuklearmediziner, wie aus einer Mitteilung ihres Berufsverbandes BDN hervorgeht. Grund seien im November drohende Engpässe bei der Versorgung mit sogenannten Radionukliden, die unter anderem bei der Diagnostik vieler Krebsarten eingesetzt werden.

Diese Stoffe werden demnach weltweit nur in sechs Forschungsreaktoren hergestellt: in Tschechien, Polen, Australien, Südafrika, den Niederlanden und in der belgischen Stadt Mol. Wegen technischer Probleme fällt der Reaktor in Belgien nun aus. Unglücklicherweise seien auch die übrigen europäischen Kernreaktoren wegen Wartungsarbeiten derzeit außer Betrieb, sagte der BDN-Vorsitzende Detlef Moka aus Essen laut Mitteilung. Im November werde man vermutlich für mindestens eine Woche ohne Radionuklide dastehen.

Radionuklide sind radioaktiv strahlende Elemente, die für die nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie dringend gebraucht werden. Vereinfacht gesagt nutzen die Mediziner diese Substanzen als diagnostische Hilfsmittel. Die Radionuklide werden gezielt in den Körper eingebracht, um therapeutische Effekte zu erzielen oder Stoffwechselprozesse sichtbar zu machen. Eine optische Darstellung findet mittels der sogenannten Szintigraphie statt.

Neue Anlage gefordert

Laut BDN werden Radionuklide unter anderem bei der detaillierten Diagnostik vieler Krebsarten eingesetzt, etwa um Metastasen auszuschließen oder nachzuweisen. Große Bedeutung kommt den kleinen Teilchen auch bei der Untersuchung von Organen wie Schilddrüse, Lunge, Niere, Galle oder Leber und bei der Diagnose von Alzheimer, Herzerkrankungen, Schlaganfällen oder Thrombosen zu.

Für die Energieversorgung spielen die sechs Forschungsreaktoren zwar keine Rolle. »Aber ihre Bedeutung für die Nuklearmedizin und damit für die Patientenversorgung ist groß«, sagte Moka. »Denn die Reaktoren sind die einzige Quelle für bestimmte Radionuklide.«

Allein in Deutschland werden nach BDN-Angaben pro Woche rund 60.000 Untersuchungen mit den speziellen Elementen durchgeführt, weltweit seien es mehr als 30 Millionen jährlich. Wegen ihrer großen Bedeutung für die Nuklearmedizin stimmen die sechs Anlagen weltweit ihre Produktion miteinander ab, um Versorgungslücken zu vermeiden.

Nun sollen die Reaktoren in Australien und Südafrika mehr arbeiten. Laut Moka häuften sich zuletzt aber die Probleme an den 60 Jahre alten Anlagen in Belgien und den Niederlanden. Sein Appell: »Es wäre im Sinn der medizinischen Versorgung dringend notwendig, eine weitere Anlage in Betrieb zu nehmen.«

© dpa-infocom, dpa:221113-99-498282/2