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Schmerzen im unteren Rücken oft Grund für Arbeitsunfähigkeit

In vielen Ländern steigt die Lebenserwartung, Übergewicht und Rauchen sind weitere Faktoren: In den kommenden Jahren dürfte die Zahl der an Schmerzen im Rücken leidenden Menschen stark anwachsen.

Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind ein globales Problem - doch es gibt Unterschide: Am seltensten leiden Menschen auf den Malediven und in Myanmar darunter. Foto: Christin Klose
Rückenschmerzen sind ein globales Problem - doch es gibt Unterschide: Am seltensten leiden Menschen auf den Malediven und in Myanmar darunter.
Foto: Christin Klose

Schmerzen im unteren Rücken sind einer Analyse zufolge die weltweit häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Demnach litten 2020 weltweit 619 Millionen Menschen unter Schmerzen im unteren Rücken. Risikofaktoren dafür seien die Ergonomie des Arbeitsplatzes, Übergewicht und Rauchen, schreibt ein internationales Forschungsteam in der Fachzeitschrift »The Lancet Rheumatology«. Im Jahr 2050 könnten demnach mehr als 840 Millionen Menschen weltweit unter solchen Beschwerden leiden.

Schon 2018 hatten Wissenschaftler in »The Lancet« berichtet, dass mehr als eine halbe Milliarde Menschen rund um den Globus an Schmerzen im unteren Rücken leiden. Das passt zu Daten aus Deutschland: So zeigte eine Stichprobe des Robert Koch-Instituts 2021, dass mehr als zwei Drittel der Befragten von Rückenschmerzen betroffen waren, die weitaus meisten von ihnen nannten Schmerzen im unteren Wirbelsäulenbereich.

Weltweit 619 Millionen Menschen betroffen

Die aktuelle Analyse schätzt die Verbreitung solcher Beschwerden für den Zeitraum 1990 bis 2020 und die Zahl der Jahre, die die Allgemeinbevölkerung in 204 Ländern und Regionen mit diesen Rückenschmerzen lebt. Demnach waren 2020 weltweit 619 Millionen Menschen betroffen. Im Vergleich zu 1990 waren das zwar insgesamt mehr Menschen, altersbereinigt sei die Zahl in dem Zeitraum aber um etwa zehn Prozent gesunken.

Am häufigsten traten die Schmerzen altersstandardisiert in Ungarn und Tschechien auf, am seltensten auf den Malediven und in Myanmar. Unabhängig von Ländern und Regionen waren in allen Altersgruppen mehr Frauen als Männer betroffen, wobei die Unterschiede zwischen den Geschlechtern ab dem Alter von 75 Jahren deutlicher ausfielen. Insgesamt traten die Rückenschmerzen am häufigsten bei Menschen im Alter von 85 Jahren auf.

Die Autoren untersuchten zudem die Krankheitslast durch diese Schmerzen und berechneten die Zahl der mit gesundheitlichen Einschränkungen verbrachten Lebensjahre. Demnach sind Schmerzen im unteren Rücken global die häufigste Ursache für Lebensjahre in schlechterer Gesundheit: 69 Millionen solche Lebensjahre gingen demnach im Jahr 2020 auf ihr Konto.

Ergonomie, Übergewicht, Rauchen

Zwei Fünftel davon seien auf drei Risikofaktoren zurückzuführen. Dazu zählen ergonomische Faktoren am Arbeitsplatz - etwa häufiges Heben schwerer Lasten, langes Stehen oder ungünstige Sitzpositionen - sowie Übergewicht und Rauchen. Tatsächlich belegen Studien einen Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und chronischen Rückenschmerzen. Vermutet wird, dass die Blutgefäß-verengende Wirkung von Nikotin Arteriosklerose und damit eine schlechtere Versorgung von Knochen, Bandscheiben und Rückenmuskulatur begünstigt.

Aufgrund des erwarteten Wachstums und der Alterung der Bevölkerung prognostizieren die Autoren, dass die Zahl der Betroffenen in den nächsten drei Jahrzehnten auf gut 840 Millionen Menschen anwachsen wird: »Bis zum Jahr 2050 wird weltweit mit einem Anstieg der Gesamtzahl der Fälle von Schmerzen des unteren Rückens um 36,4 Prozent gerechnet, wobei der stärkste Anstieg in Asien und Afrika zu verzeichnen sein wird.«

Schmerzen haben ökonomische Folgen

Schon jetzt gebe die weltweit hohe Prävalenz Anlass zur Sorge. So hätten sich etwa die direkten Gesamtkosten für alle Patienten mit einem Wirbelsäulenleiden in den USA zwischen 2012 und 2014 auf 315 Milliarden US-Dollar belaufen. »Außerdem ist die Zahl der verschreibungspflichtigen Medikamente für Wirbelsäulenerkrankungen in Australien in den letzten Jahren deutlich gestiegen, wobei Opioide die am häufigsten verschriebene Medikamentenklasse für Rückenschmerzen sind«, heißt es weiter. Schließlich hätten diese Schmerzen auch ökonomische Folgen - insbesondere bei Menschen im arbeitsfähigen Alter. In chronischer Form könnten sie zum frühzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben führen.

Umso wichtiger seien zielgerichtete Maßnahmen für die Gesundheit des Rückens. Dazu gehören etwa besser eingerichtete Arbeitsplätze, effektivere Therapien und Präventionsprogramme für bestimmte Bevölkerungsgruppen wie etwa ältere Menschen. »Globale Strategien zur Verringerung der Anzahl neuer Fälle von Schmerzen im unteren Rücken und der damit verbundenen Arbeitsunfähigkeit sind von entscheidender Bedeutung.«

© dpa-infocom, dpa:230523-99-789037/5