Unterföhring (dpa) - Mit einem eigens entwickelten Laser will ein europäisches Forschungskonsortium Blitze aus Gewitterwolken holen, um sie unschädlich zu machen. Das Gerät, das pro Sekunde 1000 Laserblitze mit bis zu 600 Gigawatt aussenden kann, wurde in Unterföhring bei München vorgestellt.
Gebaut wurde es von Trumpf Scientific Lasers, einem von sieben Projektpartnern. Grundidee ist es, mit dem Laser in der Luft einen Plasmakanal zu erzeugen. Dieser Kanal leitet Elektrizität sehr gut. Ein Blitz folgt ihm deswegen, wie der Geschäftsführer von Trumpf Scientific Lasers, Knut Michel, erklärt. »Das ist für den Blitz wie die Wahl, auf der Autobahn zu fahren oder sich durch den Dschungel zu schlagen.« Der Plasmakanal, der mindestens 100 Meter lang werden soll, wird dabei so gelegt, dass er den Blitz zu einem klassischen Blitzableiter führt, der ihn unschädlich macht.
Interessant könnte die Technik etwa für Flughäfen sein, damit die auch während Gewittern den Betrieb aufrecht erhalten können oder um sensible Objekte wie Raketenabschussrampen vor Blitzschlägen zu schützen. »Die Schäden durch Blitze gehen jedes Jahr in die Milliarden«, sagt Michel. Gerade bei Flughäfen fielen die Zeiten, in denen sie wegen Blitzschlaggefahr geschlossen werden müssten, stark ins Gewicht.
Die Idee, Blitze mit Lasern auszulösen ist nicht neu, wie Michel sagt. Doch bisher sei dies nur im Labor gelungen, nicht aber in der Natur. Die Schwierigkeit sei, einen ausreichend langen und stabilen Plasmakanal zu erzeugen. Dafür brauche man einen Laser, der sowohl stark genug ist, als auch genug Lichtblitze pro Sekunde aussendet. Bisherige Systeme seien typischerweise nur auf zehn Laserblitze pro Sekunde gekommen.
Im Labor kann man den Plasmakanal, der aus einem neun Meter langen Aufbau kommt, nur als dünnen, schwach leuchtenden Strich sehen. Der Laser selbst ist im Infrarotbereich und daher unsichtbar. Nur hören lässt sich das Produkt: Jeder der hochernergetischen Laserblitze erhitzt die Luft schlagartig und sorgt so für eine kleine Druckwelle.
Die Expertin Anna Nelles von der Universität Erlangen-Nürnberg, die mit dem Projekt nichts zu tun hat, hält die Idee des Blitzableiter-Lasers für »sicher verfolgenswert«, merkt aber an: »Es ist technisch sehr anspruchsvoll. Ohne die genauen technischen Details zu kennen, wäre ich eher skeptisch, dass es auf Anhieb funktioniert.« Letztlich müsse man die Technik ausprobieren.
Dies ist geplant: Als nächstes soll der Laser in Frankreich in einer Halle und ab Sommer 2020 in der Schweiz auf dem Gipfel des 2500 Meter hohen Säntis an Gewitterwolken erprobt werden. Sollte das erfolgreich sein, wird es nach Einschätzung von Michel aber noch rund zehn Jahre dauern, bis das System serienmäßig einsatzfähig sein könnte. Die Kosten für ein fertiges Gerät, das neben dem Laser noch weitere Technologien wie Detektoren enthalten würde, schätzt er auf einen zweistelligen Millionenbetrag.