Eine Hochsommer-Phase ist nach Expertenansicht kein Auslöser für eine akute Quallenplage in der Ostsee. Eine Sommerhitzewelle könnte zwar einen zusätzlichen Temperaturschock für die bestehenden, am Boden festsitzenden Polypen erzeugen und so neue Medusen ins Wasser bringen, sagte Jamileh Javidpour, Professorin der Syddansk Universität (Dänemark) der Deutschen Presse-Agentur. Sie habe aber keinen direkten Einfluss auf das Auftreten von Quallenblüten. Die schwimmende Form der Nesseltiere müsse zunächst wachsen, um sichtbar zu werden, sagte Javidpour.
Nach Angaben der Meeresbiologin brauchen die Nesseltiere einen Temperaturschock, um Medusen zu produzieren, der jedes Jahr durch den Wechsel vom Winter in den Frühling eintrete. Die Medusen lassen sich mit der Strömung in andere Meeresbereiche treiben.
Nur früher, nicht stärker vermehrt
»Aufgrund eines milden Winters in diesem Jahr hatten wir für den Sommer mit einer höheren Quallenproduktion gerechnet«, sagte Javidpour. Die Nesseltiere hätten sich wegen des milden Winters zwar etwas früher vermehrt - das gelte für Ohren- wie Feuerquallen. Das frühere Auftreten von Feuerquallen habe jedoch die Population der häufiger vorkommenden Ohrenquallen kontrolliert. »Die Menge an Quallen änderte sich also nicht wesentlich, wohl aber ihre Jahreszeit.«
Die meisten heimischen Quallenarten sind harmlos. Vorsicht sollte man nach Angaben von Javidpour nur bei der Feuerqualle walten lassen. Berührungen können eine allergische Reaktion auslösen. Betroffene sollten sich an Rettungsschwimmer der DLRG wenden und ihren Arzt kontaktieren.
Javidpour, die auch Gastwissenschaftlerin am Kieler Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung ist, betreibt seit 18 Jahren ein Monitoring der Quallen-Population in der Kieler Förde. Zur Verbreitung und Nutzung von Quallen lässt die Europäische Union in dem Projekt »GoJelly« forschen, an dem neben der Universität von Süddänemark auch das Forschungsinstitut Geomar sowie die Kieler und die Hamburger Universität mitmachen. Über eine App meldeten Nutzer im vergangenen Jahr mehr als 600 Spots in der Ostsee. Das hilft Javidpour, das Prognosemodell zu verbessern.
EU-Forschungsprojekt GoJelly (Engl.)
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