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Wärmewende soll Bürger jährlich neun Milliarden Euro kosten

Wie viele Kosten kommen auf die Bürger bei dem geplanten Gebäudeenergiegesetz zu? Ein Entwurf dazu nennt erstmals Zahlen. Kritik gibt es an den geplanten staatlichen Hilfen bei neuen Heizungen.

Heizung
Der Austausch der Heizungen wird laut einer Rechnung des Wirtschaftsministeriums jährlich mehrere Milliarden kosten. Foto: Marcus Brandt
Der Austausch der Heizungen wird laut einer Rechnung des Wirtschaftsministeriums jährlich mehrere Milliarden kosten.
Foto: Marcus Brandt

Für den Einbau klimafreundlicherer Heizungen müssen Bürgerinnen und Bürger nach Einschätzung des Wirtschaftsministeriums bis 2028 jährlich mehr als neun Milliarden Euro in die Hand nehmen. Das geht aus einem veröffentlichten Gesetzentwurf zum neuen Gebäudeenergiegesetz hervor.

Dem stünden über eine Betriebszeit der Heizung von 18 Jahren zugleich Einsparungen in Höhe von rund 11 Milliarden Euro gegenüber, rechnet das Ministerium. Die Einsparungen kommen unter anderem zustande, weil Öl und Erdgas in den kommenden Jahren absehbar teurer werden.

Wenn eine Heizung ausgetauscht wird, soll dies staatlich gefördert werden. Die Höhe dieser Hilfen waren aber zunächst unklar. Die bestehende Förderung für den Umstieg aufs erneuerbare Heizen werde angepasst, um die Investitionen sozial abzufedern, hieß es. Außerdem werde es weiter die Möglichkeit einer steuerlichen Förderung für energetische Sanierungsmaßnahmen im selbst genutzten Eigentum geben.

Die staatlichen Hilfen sollten sich dabei nicht nur am Zustand der Heizung, sondern auch am Einkommen der Menschen orientieren, betonte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert in der Sendung »Frühstart« von RTL/ntv. »Es ist schon richtig - die ältesten Heizkessel müssen zuerst raus, aber wir haben auch Haushalte, die keine Rückhalte haben«, sagte Kühnert. Diese Menschen müssten unterstützt werden.

Habeck kündigt finanzielle Förderung an

SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz sprach sich für eine Art Abwrackprämie aus. »Sinnvoll ist eine Prämie, wenn damit zügig die ältesten und klimaschädlichsten Heizungen ausgetauscht werden können«, sagte sie am Montag der dpa. »Dabei müssen das Alter der Heizung und die finanzielle Situation berücksichtigt werden.« Hubertz folgte damit einem Vorschlag aus dem Bundesfinanzministerium. Die Höhe der Abwrackprämie könnte sich daran orientieren, »wie alt und schmutzig« die zu erneuernde Heizung ist, sagte Minister Christian Lindner der »Bild am Sonntag«.

Ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dann müssen etwa Wärmepumpen, Solarthermieanlagen oder Hybridsysteme aus Wärmepumpe und Gasheizung eingebaut werden. Bei Hybrid-Heizungen deckt die Wärmepumpe die Grundversorgung, die Gasheizung springt an kalten Tagen ein. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte vor einer finanziellen Überlastung. Viele Eigentümer hätten nicht genügend Geld für die teuren Sanierungen im eigenen Haus oder in der Wohnung übrig, teilte der Verband unter Berufung auf eine selbst in Auftrag gegebene Studie mit. »Wer ein Haus oder eine Wohnung besitzt, ist nicht automatisch vermögend. Im Gegenteil: Wer sein Leben lang auf das kleine Häuschen gespart hat, häuft nebenbei keine Reichtümer an«, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.

Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Sonntagabend im »Bericht aus Berlin« der ARD gesagt, diejenigen, die wenig Geld haben, sollten »angemessen gefördert« werden, damit sie nicht überfordert werden. Solange Wärmepumpen noch teurer seien, sollten sie »auf den Preis einer Gasheizung runtergebracht werden«.

Eigentümerverband: Hybride Lösungen sehr teuer

Diese Technologieoffenheit sei in der Praxis kaum umsetzbar, kritisierte der Eigentümerverband Haus & Grund. Denn in der Regel gebe es gesetzliche Einschränkungen oder technische Barrieren, die letztlich nur eine Wärmepumpe zuließen, schrieb der Verband am Montag. Bei älteren Gebäuden könne nur die hybride Lösung mit Wärmepumpe und Gas umgesetzt werden - was sehr teuer sei.

Bestehende Öl- und Gasheizungen können dem Gesetzesentwurf nach weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden. Sollte dies nicht möglich sein, sollen Übergangsfristen den Austausch erleichtern. So soll man bei kaputter Heizung übergangsweise für drei Jahre eine Gasheizung einbauen dürfen. Ist ein Anschluss an die Fernwärme absehbar, kann die Frist sogar zehn Jahre betragen.

Als eine Alternative zur Öl- oder Gasheizung schlug Albert Stegemann, agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, heimische Biomasse vor. Sie sei »eine kostengünstige, nachhaltige und sichere Energiequelle«, sagte Stegemann. »In vielen ländlichen Räumen ist Biomasse zudem die einzig sinnvolle Alternative zur Öl- oder Gasheizung«. Die Vorschläge der Ampel-Koalition gingen an der Lebenswirklichkeit vorbei. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel bezeichnete die Heizungspläne als einen »Anschlag auf den Wohlstand der Mittelschicht«.

© dpa-infocom, dpa:230403-99-192513/7