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Vom Umsatzstar zum Buhmann - Adidas löst Kanye-West-Problem

Die Kooperation von Adidas und Kanye West sah zunächst nach einem echten Coup aus. Doch dann stürzte der Skandalrapper den Sportartikel-Konzern mit untragbaren Äußerungen in eine wahre Krise.

Adidas - Yeezys
Der Adidas-Konzern will Teile des Bestandes an den gemeinsam mit Rapper Kanye West auf den Markt gebrachten Produkten der »Yeezy«-Reihe auch nach der Trennung von dem umstrittenen Musiker weiter verkaufen. Foto: Seth Wenig
Der Adidas-Konzern will Teile des Bestandes an den gemeinsam mit Rapper Kanye West auf den Markt gebrachten Produkten der »Yeezy«-Reihe auch nach der Trennung von dem umstrittenen Musiker weiter verkaufen.
Foto: Seth Wenig

Einst feierte Adidas den Rapper Kanye West als genialen Designer - und vor allem als einen Umsatzbringer, wie man ihn in Herzogenaurach zuvor noch kaum gesehen hatte. Er habe »große Augen« bekommen, gab Konzernchef Björn Gulden zu, als er noch beim Rivalen Puma war und sah, was bei Adidas und dem US-Musiker so alles ging.

Bis die öffentlichen Äußerungen des Musikers immer extremer, sein Verhalten gegenüber Mitarbeitern immer unverschämter und der Druck auf Adidas immer größer wurde. Im Oktober 2022 schließlich kommt es zum Bruch: West muss gehen, die von ihm verursachten Probleme samt eines riesigen Haufens von ihm designter Lifestyle-Produkte aber blieben.

Produkte werden weiter verkauft

Was tun mit den Dingen, die in den Läden vor allem in den USA Traumpreise erzielten? Weiter verkaufen? Der Sturm der Entrüstung wäre vorhersehbar gewesen. Verschenken? Das hätte einen immensen Zweit- und Schwarzmarkt befördert. Selbst ans Verbrennen der von Fans hochgeschätzten Artikel wurde gedacht - mit einem negativen Ergebnisbeitrag von 700 Millionen Euro als Folge und einem Erklärungsnotstand in Sachen Nachhaltigkeit. Nach hochkomplexen Gesprächen mit Aktionären kam gestern schließlich die Lösung, die sich schon seit Tagen ankündigte: Die Produkte werden weiter verkauft - zumindest erst einmal ein Teil. Das Geld wird gespendet. Die Sammler-Szene steht schon den Startlöchern.

»Nach reiflicher Überlegung haben wir uns entschlossen, mit dem Verkauf eines Teils der verbleibenden Adidas-«Yeezy»-Produkte zu beginnen«, sagte Gulden. Der Verkauf und anschließende Spenden seien bei allen Organisationen und Stakeholdern die bevorzugte Option gewesen. »Wir glauben, dass dies die beste Lösung ist, da sie die entworfenen Designs und produzierten Schuhe wertschätzt, für unsere Mitarbeiterinnen funktioniert, ein Lagerbestandsproblem löst und einen positiven Einfluss auf unsere Communities haben wird«, sagte Gulden. »Hass jeglicher Art hat im Sport und in der Gesellschaft keinen Platz, und wir setzen uns weiterhin für den Kampf dagegen ein.«

Verlust von 24 Millionen Euro

Adidas bekam umgehend Applaus für die salomonische Lösung eines schwierigen Problems. »In einer Zeit, in der Antisemitismus in den USA ein historisches Niveau erreicht hat und weltweit zunimmt, schätzen wir es, wie Adidas eine negative Situation in ein sehr positives Ergebnis verwandelt hat«, sagte der Vorstandschef der Anti-Defamation-League, Jonathan A. Greenblatt. »Das Unternehmen hat echte Umsicht bewiesen, indem es sich mit Gemeinschaftsorganisationen zusammengetan hat, die sich für die Bekämpfung dieses bösartigen und hartnäckigen Hasses einsetzen.« Die US-Organisation, die sich gegen Diskriminierung und Diffamierung von Juden einsetzt, gehört zu den Empfängern der Adidas-Spenden.

Dennoch hat der zum Problem gewordene Star-Designer Kanye West erheblichen Flurschaden hinterlassen bei Adidas. Im ersten Quartal 2023 steht ein Verlust von 24 Millionen Euro zu Buche, im Gesamtjahr 2023 wird es kaum Gewinn geben. West hat daran erhebliche Anteile. Die Aktionäre begehrten schon bei der Hauptversammlung auf, weil ein guter Teil ihres Aktienwertes zumindest vorübergehend verloren ging. Einige von ihnen verwehrten Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung. In den USA steht eine Sammelklage an. Tenor: Adidas hätte früher erkennen müssen, mit wem das Unternehmen da zusammenarbeitet. Und schließlich war auch der Abgang von Konzernchef Kasper Rorsted von der West-Problematik überschattet.

© dpa-infocom, dpa:230519-99-756370/4