Logo
Aktuell Wirtschaft

Volle Gasspeicher: Branchenverband warnt vor Sorglosigkeit

Die Gasspeicher sind gefüllt, der Winter kann kommen? Nein, heißt es von den Speicherbetreiber und die Bundesnetzagentur. Kräftiges Sparen sei weiter angesagt. 2023 könnte sich alles noch verschärfen.

IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol
IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol warnt vor möglichen Gasengpässen im kommenden Jahr. Foto: Michel Euler
IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol warnt vor möglichen Gasengpässen im kommenden Jahr.
Foto: Michel Euler

Vor dem Hintergrund fast voller Speicher hat der Verband der deutschen Gasspeicherbetreiber davor gewarnt, die Krise auf die leichte Schulter zu nehmen. »Nach der Vorsorgephase treten wir jetzt in die Winterphase ein. Die Herausforderungen, die der Winter bereithält, sind größer als die der Vorsorgephase«, sagte der Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern (Ines), Sebastian Bleschke, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Nach Angaben des europäischen Gasspeicherverbandes GIE sind die deutschen Speicher zu insgesamt 99,19 Prozent gefüllt.

Die hohen Speicherstände allein reichen Bleschke zufolge aber nicht aus, um durch den Winter zu kommen: »Erforderlich sind zwei Dinge: Wir müssen weitergehend den Gasverbrauch senken, insbesondere dann, wenn sehr kalte Temperaturen auftreten. Und der Binnenmarkt insgesamt muss im Winter wieder sehr viel mehr LNG importieren als derzeit.«

25 Speicherbetreiber in Deutschland

Bis auf zwei erreichten am Stichtag 1. November alle Speicher in Deutschland den gesetzlich vorgeschriebenen Füllstand von mindestens 95 Prozent. Der größte Speicher im niedersächsischen Rehden war zu 92,5 Prozent gefüllt. Ein kleinerer Speicher in Epe in Nordrhein-Westfalen meldete einen Wert von 91,1 Prozent. Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden ein Puffersystem für den Markt. Für gewöhnlich sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt. Bis zum Frühjahr nehmen die Füllstände dann ab. In Deutschland gibt es rund 25 Speicherbetreiber mit über 40 Untertagespeichern.

Der Gasverbrauch in Deutschland lag der Bundesnetzagentur zufolge in der vergangenen Woche erneut deutlich unter dem Mittelwert der Jahre 2018 bis 2021. Wurden in diesen vier Jahren in der Kalenderwoche 43 täglich im Schnitt 2628 Gigawattstunden Erdgas verbraucht, waren es in diesem Jahr 1672 Gigawattstunden und damit gut 36 Prozent weniger. Ursächlich waren dafür unter anderem die relativ hohen Temperaturen.

IEA warnt vor Engpässen 2023 in Europa

Die Agentur betonte die Bedeutung eines niedrigen Gasverbrauchs. Eine nationale Mangellage im Winter könne vermieden werden, wenn erstens das Sparziel von mindestens 20 Prozent weiter erreicht wird. Zweitens müssten die LNG-Terminals zum Jahresbeginn einspeisen und drittens der winterbedingte Rückgang der Importe sowie der Anstieg der im Moment niedrigen Exporte eher moderat ausfallen.

Unterdessen drohen im kommenden Jahr in Europa nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) erhebliche Engpässe bei der Speicherung von Gas für den darauffolgenden Winter. Wenn die Einfuhr von russischem Gas per Pipeline vollständig eingestellt und China wieder auf gewohntem Niveau Flüssiggas importieren würde, könnte fast die Hälfte des Gases für ein 95-prozentiges Auffüllen der Speicher fehlen, wie die IEA am Donnerstag in Paris mitteilte.

»Angesichts des milden Wetters der letzten Zeit und der niedrigeren Gaspreise besteht die Gefahr, dass sich Selbstzufriedenheit in die Diskussion über die Gasversorgung Europas einschleicht, aber wir sind noch lange nicht über den Berg«, sagte IEA-Direktor Fatih Birol. Im nächsten Winter werde Europa vor einer noch größeren Herausforderung stehen. Die Regierungen müssten daher Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz vorantreiben und die Gasnachfrage senken.

Gaslage in Deutschland

Füllstände

IEA-PM mit Link zur Analyse

© dpa-infocom, dpa:221103-99-371426/3